Tipps für den Umgang mit der Presse

Die Wissenschaftsjournalistin Gaby Miketta und Christine Harrell, bis 2021 Leiterin des Referats für Strategie, Kommunikation und Marketing der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen, vermittelten in einem dreistündigen Workshop das 1x1 der Medienarbeit. Wissenschaft braucht Öffentlichkeit. Wenn Sie als WissenschaftlerIn also kontaktiert werden, um über ihre Arbeit in Hörfunk, Fernsehen, Tageszeitung, Magazinen oder im Podcast einem breiten Publikum zu berichten, ist das gut und richtig. Aber Sie können auch selbst aktiv werden, z.B. über die Pressestelle.

Tipps von Gaby Miketta

1. Welche Fragen Sie sich als Wissenschaftlerin stellen sollten?

  • Welche gesellschaftliche Relevanz hat meine Forschung?
  • Ist sie kontrovers?
  • Wo entstehen ethische Fragestellungen?
  • Wo besteht die Gefahr der Instrumentalisierung?
  • Welche Bedeutung haben Medien in der Klinischen Forschung?
  • Wo entstehen evtl. Interessenkonflikte?

2. Warum Sie auch an Bildmaterial bei Anfragen der Presse denken sollten.

  • Fotos holen die Wirklichkeit nah heran
  • Fotos und Fernsehen bewirken einen emotionalen Zugang
  • Bilder schaffen Emotionalität durch Assoziation
  • Emotionale Bilder bleiben besser in Erinnerung

3. Praktische Grundregeln beim Medienkontakt: Do's and Don'ts

Don't do

  • Nie beim ersten Medienkontakt am Telefon bereits sachliche Antworten geben, bitte erst das Procedere und Bedingungen klären. Sie sollten wissen mit wem Sie genau sprechen und für wen die Sendung/der Artikel gedacht ist.
  • Eher nicht über andere Fachgebiete sprechen, besser nur die eigene Forschung und Expertise einbringen. Das ist nur ein Ratschlag für WissenschaftlerInnen, die vielleicht noch nicht so viel Kontakt mit den Medien hatten.
  • Nicht brüsk das Ansinnen ablehnen, sondern höflich andere Kollegen benennen, die weiterhelfen können.

To Do's

  • Check: Wer will mit mir sprechen? Wie informiert ist die JournalistIn? Sie dürfen auch fragen: Können Sie mir Beiträge, die sie bereits verfasst haben, vor dem Interview zuschicken? So können Sie sich auf die JournalistIn einstellen. Sie können auch bitten, Ihnen vorab Fragen zukommen zu lassen.
  • Pressestelle informieren.
  • Check: Wer sind die Rezipienten? Für wen ist der Beitrag gedacht? Das gilt für TV, Hörfunk, ebenso wie für Zeitungen, Zeitschriften oder einen Podcast. Wer sind die HörerInnen/LeserInnen? Das entscheidet darüber, wie ich meine Forschung erkläre...
  • Was muss ich über das Medium wissen? Link zuschicken lassen oder eine Ausgabe der Zeitschrift oder oder oder, in den Podcast reinhören...
  • Zielvorstellung mit der JournalistIn abklären: Warum interessiert Sie mein Forschungsthema? Warum haben Sie mich kontaktiert?
  • Abklären: Wie gut kennt sich die JournalistIn aus?
  • Welches Format soll der Beitrag werden? Wird es als Interview abgedruckt oder als Reportage oder Artikel? Wer kommt noch zu Wort? Wie lange wird das Gespräch dauern? Kann ich vorab Fragen bekommen, die Sie mir ungefähr stellen werden?
  • Klären Sie unbedingt vorab ab, ob Sie Zitate vor Druck gegenlesen dürfen?
  • Achtung: Freie JournalistInnen verkaufen das Interview /den Beitrag evtl. auch an mehrere Medien. Fragen Sie ruhig danach.
  • Tipp: Legen Sie eine Liste mit Medienreferenzen an und eine ausgewählte Literaturliste. So kann sich die JournalistIn vor dem Interview mit Ihnen in das Fachgebiet einlesen.
  • Dokumentation – Legen Sie eine Standard Mail an mit der Bitte um ein Belegexemplar oder den Link zum veröffentlichten Beitrag. So haben Sie das als Referenz immer parat.

4. Was sollten Sie vor einem Interview oder Pressekontakt überlegen

  • Was ist mein Ziel?
  • Was will ich als Thema rüberbringen und was nicht?
  • Welche Zielgruppe ist mir wichtig?
  • Suche ich evtl. StudienteilnehmerInnen oder ProbandInnen?
  • Welche Geschichte will ich erzählen?
  • Welche Fotos, Videos habe ich? Habe ich die Rechte?
  • Welche Sprache/Worte verwende ich für die Zielgruppe?
  • Wer ist bei dem Interview dabei?
  • Pressestelle informieren

5. Wie Sie Ihren Blick schärfen:

  • Wie lese ich selbst Artikel? Warum höre ich einen Podcast gerne? An welchen Nachrichten bleibe ich hängen? Beobachten Sie ihren eigenen Medienkonsum...
  • Worüber regen Sie sich auf? Was finden Sie nicht gut? Kennen Sie gute Beispiele?
  • Medienkritik ist einfach... Besser machen nicht immer ganz so einfach...

6. Eine kleine Übung. Nehmen Sie sich 10 Minuten Zeit:

  • Versuchen Sie eine Headline (etwa 27 Buchstaben inkl. Leereichen) mit einer Unterzeile (das sogenannte Motto mit etwa 120 Zeichen inklusive Leerzeichen) für einen einseitigen Beitrag im STERN zu formulieren – über ihre aktuelle Forschung oder eine Erkenntnis aus ihrer alltäglichen Forschungspraxis
  • Haben Sie eine Bildidee?
Tipps von Christine Harrell

Wenn Sie für eine öffentliche Institution arbeiten, müssen Sie bedenken:

1. Wie bin ich eingebunden in die Pressearbeit der Institution/des Arbeitgebers?

  • Jede Institution regelt die Pressearbeit anders. Wer ist Ihr Ansprechpartner?
  • Ihr wesentlicher Beitrag ist Ihre wissenschaftliche Arbeit
  • Warten Sie nicht, ob man Sie fragt, gehen Sie selbst auf die Pressestelle zu…
  • “Erklären Sie es mir so, dass es meine Mutter verstehen würde.”
  • Werden Sie gemeinsam kreativ: Kitzeln Sie die besondere Botschaft Ihres Themas heraus.

2. Welche Genehmigungen benötige ich?

Das hängt davon ab, was Sie vorhaben. In jedem Fall sollten Sie gemeinsam mit den Kommunikationsprofis alle Unwägbarkeiten im Vorfeld klären:

  • Film- und Fotogenehmigungen gemäß DSGVO
  • Drehgenehmigungen für das Gebäude / Gelände
  • Überfluggenehmigung für Fluggeräte (Drohnen) durch die jeweilige Bezirksregierung

    … im Falle eines Falles weiß das immer ihre Kommunikationsabteilung

3. Ganz wesentlich sind auch die Fragen:

  • Dürfen wir mit diesem Thema nach draußen gehen?
  • Wer ist überhaupt autorisiert, für (m)eine Institution zu sprechen?
  • Wer ist autorisiert, über (m)ein Thema zu sprechen?
  • Ist das “unser Thema”, oder müssen Dritte mit eingebunden werden?

    Auch hierbei hilft Ihnen Ihre Kommunikationsabteilung.

4. Wie funktioniert die gute Zusammenarbeit mit der Kommunikationsabteilung

  • Das ist meistens ganz einfach!
  • Die Kommunikationsabteilung freut sich über „gute“ Themen.
  • Sie rät ab, wenn Themen heikel, nicht vermittelbar oder schlecht fürs Image sind.
  • Sie coacht Sie im Umgang mit der Presse.
  • Eigentlich müssen Sie nur verstehen, worauf es bei Kommunikation ankommt.
  • Ein Sonderfall ist die Krisen-Kommunikation.

5. Worauf kommt es bei guter Kommunikation an?

Die Perspektive wechseln:

  • Was habe ich zu berichten?
  • Wen möchte ich erreichen und interessiert es?
  • Welche Aspekte sind dabei wichtig?
  • Wie lässt sich dies visualisieren?
  • Ganz wichtig in der Wissenschaft: keine überzogenen Erwartungen wecken!