Wie beginne ich ein Gespräch bei einer Ärztin oder einem Arzt? Was kann ich tun, damit das Gespräch zufriedenstellend verläuft? Tipps für Patientinnen und Patienten

Ärztin und Patient

Ein gutes Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt kann die Aussichten einer Therapie deutlich verbessern. Deswegen lohnt es sich für Patientinnen und Patienten, sich vorzubereiten

Gute Kommunikation im Gesundheitswesen ist mehr, als nur den richtigen Ton treffen. Sie hilft heilen und Fehler zu vermeiden. Kommunizieren Sie Selbst-Bewusst!

Heike Norda, Vorsitzende der unabhängigen Vereinigung aktiver Schmerzpatienten in Deutschland SchmerzLOS e.V.

Umfragen haben gezeigt, dass die Hälfte aller Patientinnen und Patienten aus einer Sprechstunde kommt, ohne genau zu wissen, was gerade besprochen wurde.

Arzt-Patienten-Gespräch: Auf den Start kommt es an

Gespräche mit dem Arzt oder der Ärztin beginnen oft mit einer Frage wie z.B.: „Was führt Sie denn heute zu mir?“ Jetzt haben Sie es als Patient oder Patientin in der Hand, den Dialog in die gewünschte Richtung zu lenken. Sie sollten nicht erst jetzt überlegen, was Sie eigentlich sagen möchten.

Das Auftreten und die ersten Äußerungen einer Patientin oder eines Patienten senden jedem Behandelnden ganz wichtige Signale für das anstehende Gespräch: Wirken Sie ängstlich und unsicher? Scheinen Sie Ihre Beschwerden eher kleinzureden, oder wirken Sie außergewöhnlich besorgt? Sind Sie ratlos, oder glauben Sie, Ihre Diagnose schon im Internet bei „Dr. Google“ gefunden zu haben? Eine aufmerksame und geschulte Behandlungsperson wird im Gespräch jeweils darauf eingehen. Lesen Sie dazu auch den Beitrag: „Welcher Typ von Patientin oder Patient bin ich?“.

Gespräche zwischen Patientinnen und Patienten und deren Behandelnden lassen sich nicht über einen Kamm scheren. Kommunikation ist immer individuell und von vielen Faktoren, auch z.B. von der persönlichen Stimmungslage an einem bestimmten Tag, beeinflusst. Jeder Mensch kommt mit früheren Erfahrungen und entsprechenden Erwartungen in eine Praxis.

Tipps und typische Beispiele

Einige beispielhafte Situationen und Ratschläge sollen Ihnen den Start ins Arzt-Patienten-Gespräch erleichtern:

  • Es geht nicht nur um den reinen Informationsaustausch. Sie als Patientin oder Patient schildern Ihre Beschwerden, und der Arzt oder die Ärztin gibt nach einer Untersuchung eine Therapieempfehlung ab? So einfach ist es (fast) nie. Das Gespräch – vor allem ein erstes Kennenlernen – soll und kann Vertrauen schaffen, Sicherheit vermitteln und letztlich dazu beitragen, den Therapieerfolg zu steigern.
  • Damit die wertvolle Zeit optimal genutzt wird – in Deutschland hat man im Durchschnitt nur knapp acht Minuten für das Gespräch im Arztzimmer –, sollten Sie als Patient und Patientin Ihr Anliegen ohne große Umschweife möglichst anhand zuvor gemachter Notizen darstellen.
  • Manche Menschen starten mit dem Satz: „Sie sind meine letzte Hoffnung“. „Das ist für jeden Arzt eine Herausforderung“, bestätigt Prof. Ulrike Bingel, Leiterin der Schmerzambulanz der Universitätsmedizin Essen, „aber es erleichtert sozusagen das Erwartungsmanagement, denn ich weiß als Ärztin dann, mit welchen Hoffnungen – wahrscheinlich nach einigen frustrierenden Erlebnissen – dieser Hilfe suchende Mensch mir nun gegenübersitzt.“ Diese Offenheit bietet die Chance, darauf einzugehen und die Erwartungen in die therapeutischen Überlegungen mit einzubeziehen. „Das kann auch bedeuten, als Ärztin wahrhaftig zu sein und zu sagen, was man anbieten kann und was nicht, und welche Erwartungen möglicherweise unrealistisch sind“, erklärt Prof. Bingel.
  • Manche Patientinnen und Patienten suchen auch nur eine zweite Meinung, weil sie bereits in Behandlung sind, aber sie sind eben unsicher, ob das alles richtig ist. Auch hier ist es hilfreich, wenn Sie als PatientIn Ihr Anliegen gleich zu Beginn klar formulieren.
  • Startet ein Patient oder eine Patientin mit dem Satz: „Mir ist sowieso nicht mehr helfen“, spricht die pure Verzweiflung. Erklären Sie, warum Sie so desillusioniert sind und offenbar gar kein Vertrauen mehr in eine Therapie oder einen Arzt haben. Die Ärztin oder der Arzt wird ohnehin versuchen herauszufinden, warum Ihre Erwartungshaltung so negativ ist.
  • Patientinnen und Patienten mit einem chronischen Gesundheitsproblem haben meist schon viele Gespräche mit Medizinern geführt und über die Jahre von vollmundigen Versprechungen bis zu eher hilflosem Achselzucken alles erlebt. Heike Norda, Vorsitzende der unabhängigen Vereinigung aktiver Schmerzpatienten in Deutschland SchmerzLOS e.V. und selbst Betroffene, rät daher für das Arzt-Patienten-Gespräch: „Wir sollten als Patienten sehr ehrlich sein. Ich kann nicht sofort einem neuen Arzt vertrauen, und das muss ich auch sagen dürfen. Auch was man sich wünscht sollte man ausdrücken und einem neuen Arzt offen gegenübertreten.“
  • Für Sie als Patientin oder Patient ist ein Arztbesuch meist eine Ausnahmesituation: „Man ist aufgeregt, nicht so konzentriert wie üblich, alle möglichen Gedanken und Befürchtungen schwirren einem im Kopf herum“, weiß Prof. Sven Benson, Professor für medizinische Psychologie an der Universität Duisburg-Essen. „Deshalb ist es gut, vorab genau zu überlegen, was Ihnen wichtig ist, was Sie unbedingt sagen wollen.“ In der Aufregung vergisst man Wichtiges und ärgert sich hinterher, dass man dies oder jenes genau nicht gefragt hat. Lesen Sie dazu auch den Text: „Was ein Arzt oder Ärztin von mir wissen sollte“.
  • Zur Offenheit gehört auch, dass Sie Ihr Unbehagen äußern, wenn ihnen die Gesprächsatmosphäre missfällt. Seit Bildschirmarbeit in jeder Praxis und Klinik Einzug gehalten hat, neigen vielleicht auch manche Behandelnde dazu, öfter auf den PC zu schauen als auf den gegenüber sitzenden Menschen, der gerade seine Beschwerden schildert. Mit einem freundlichen „Darf ich Ihnen noch mal die Schmerzen schildern, Doktor?“ holt die Patientin oder der Patient den Behandler geschickt wieder zu sich zurück. Eine andere Möglichkeit: Sie sprechen so lange nicht weiter, bis der Arzt seine Notizen beendet hat.
  • Wenn die Chemie zwischen Arzt und Patient partout nicht stimmt, kann eine Abschwächung der therapeutischen Wirkung eintreten. Es ist daher legitim zu überlegen, ob das für Sie als Patient dann die richtige Ärztin ist und auch umgekehrt. Besser ist es, offen mit Bedenken, Missverständnissen oder Vorbehalten umzugehen. Es sollte ein Vertrauensverhältnis vorhanden sein oder sich mit der Zeit entwickeln können. „Das ist natürlich insbesondere für die Behandlung chronischer Erkrankungen wichtig, z.B. beim Hausarzt. Hier darf jeder Patient auch tatsächlich über einen Arztwechsel nachdenken, wenn sich ein Vertrauensverhältnis nicht einstellt“, rät Prof. Bingel. Für eine einmalige Vorstellung beim Facharzt dagegen könne man aus ihrer Sicht auch mal Abstriche machen...

Was kann ich als PatientIn tun, damit ein Gespräch zufriedenstellend verläuft?

Der erste Eindruck entsteht sehr schnell, es sind nur wenige Sekunden, und dabei ist nicht unbedingt der Satz entscheidend, sondern die gesamte Ansprache, die Mimik, die Gestik, das Ambiente. Den perfekten ersten Satz gibt es weder für Patientinnen noch Ärzte. „Es beginnt, wenn ich als Patient eine Praxis oder Klinik betrete, mit der Frage: Wie werde ich vom Klinik- oder Pflegepersonal begrüßt? Ein ,Guten Morgen, ich bin sofort bei Ihnen’ kann bereits eine positive Grundstimmung erzeugen“, rät Prof. Sven Benson seinen Kollegen, „und als Patient darf ich gar nicht denken, dass ich etwas falsch machen könnte!“ Aber sicher hilft ein „Ich freue mich, dass ich heute den Termin habe und möchte Ihnen kurz sagen, warum ich zu Ihnen in die Sprechstunde gekommen bin ...“ Lesen Sie auch das Interview mit Prof. Sven Benson: „Welche Bedeutung hat die Kommunikation mit meinem Arzt oder meiner Ärztin für die Therapie?“.

Eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation ist wichtig, aber nicht einfach

Die Zeit ist knapp, möglicherweise gibt es viele Fragen zu klären, auch Ängste und Sorgen sollen angesprochen werden. Und dann sprechen Patient und Behandlerin meist nicht die gleiche Sprache, weil die eine Seite noch nie gehört hat, was für die andere tägliche Routine und Selbstverständlichkeit ist. Umfragen haben gezeigt, dass die Hälfte aller Patientinnen und Patienten aus der Sprechstunde kommt, ohne genau zu wissen, was gerade besprochen wurde.

Auch wenn die Zeit noch so drängt, sollten Sie sich dennoch nicht scheuen nachzufragen, wenn Sie etwas im Gespräch nicht verstanden haben. Die Ärztin oder der Arzt muss alles so erklären, dass auch Laien es verstehen. Das steht sogar explizit im Gesetz zu Patientenrechten, das seit 2013 gilt. Um sicher zu gehen, dass alles richtig verstanden wurde, können Sie als Patientin oder Patient das Besprochene noch einmal kurz in eigenen Worten zusammenfassen. Das ist die beste Möglichkeit, das gemeinsame Verständnis des Gesagten abzugleichen und unter Umständen Missverständnisse auszuräumen. Ein gutes Gefühl nach der Konsultation stärkt das Vertrauen in die vorgeschlagene Behandlung und steigert die Wirkung.

Weitere Informationen:

Tipps von Heike Norda über den Dialog mit dem Arzt erhalten Sie in der Ausgabe von SchmerzLOS AKTUELL 3/2022. Ab Oktober sind ihre Ratschläge auch unter diesem Link zu lesen.

Auf der Internetseite www.washabich.de finden Sie viele weitere Hinweise und Checklisten. Einen Leitfaden für den Arztbesuch können Sie als Broschüre kostenlos hier downloaden. 

Wie PatientInnen mit den richtigen Fragen zu einem guten Gespräch beitragen können, hat die Patienten-Universität Hannover hier zusammengefasst.

Anregungen und Tipps für den Arztbesuch und zufriedenstellende Gespräche mit MedizinerInnen finden Sie zum Beispiel auf den Seiten der Stiftung Gesundheitswissen.

*Nach Rücksprache mit Patientinnen, Patienten und Vertretern von Patientenorganisationen haben wir uns entschieden, für die Texte, die sich direkt an Patienten wenden, in der Ansprache die weibliche und männliche Form oder ein großes Binnen-I anzuwenden. Ist dies nicht sinnhaft, haben wir zugunsten der besseren Verständlichkeit und des Leseflusses auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.