Ethik

Forschung mit Verantwortung

Uns ist bewusst, dass klinische und experimentelle Studiendesigns, welche die Mechanismen und Relevanz von Erwartungseffekten im Zusammenhang mit klinischen Interventionen untersuchen, ethisch sensible Fragestellungen beinhalten. Dies ist besonders dann der Fall, wenn "Placebos" oder echte Medikamente nicht offen, sondern "verdeckt" verabreicht werden. Sowohl moralisch-ethische Aspekte wie auch Bedingungen, die sich aus den komplexen Studiendesigns ergeben, verlangen eine äußerst feinfühlige und bewusst implementierte Kommunikation mit den Studienteilnehmenden.

Wir haben ein tiefgehendes Bewusstsein für die ethische Tragweite unserer Forschung und arbeiten eng mit lokalen oder nationalen Ethikkommissionen zusammen, um sicher zu stellen, dass alle Vorschriften eingehalten werden. Alle drei Studienstandorte in Essen, Marburg und Hamburg verfügen über langjährige Erfahrung mit den im SFB/TRR 289 angewandten Studiendesigns und erörtern ihre ethischen Fragestellungen regelmäßig mit den lokalen Ethikkommissionen. Darüber hinaus arbeiten wir im Rahmen unserer Forschungsinitiative eng mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammen, welches unsere Forschungsaktivitäten seit vielen Jahren unterstützt.

Als Empfänger von Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) haben wir darüber hinaus den nationalen Standard der „Leitlinie zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ der DFG als festen und verbindlichen Bestandteil in allen Ebenen unseres Forschungsverbundes verankert.

  1. PatientInnen und Teilnehmende an klinischen und experimentellen Studien

    Die Entwicklung neuer medikamentöser Behandlungsoptionen ist in Deutschland und Europa durch Arzneimittelgesetze sehr detailliert geregelt. In jeder Studie sind genaue Einschlusskriterien für Teilnehmende festgelegt, die erfüllt sein müssen. Ebenso sind Ausschlusskriterien definiert, die zum einen der PatientInnensicherheit dienen und zum anderen die Vergleichbarkeit der Teilnehmenden ermöglichen.
    In den experimentellen und klinischen Studien unseres SFBs geht es nicht primär darum, den therapeutischen Nutzen und mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen gegenüber einer Placebogabe (ein Mittel ohne Wirkstoff, z.B. nur Zucker oder Kochsalz) zu prüfen. Vielmehr ist es das Ziel unserer Studien, zu untersuchen, wie die Erwartungen der PatientInnen, ihre Vorerfahrungen und Einstellungen, Ängste und Sorgen den Erfolg von Behandlungen und die Wirksamkeit medizinischer Interventionen beeinflussen.
    Häufig wird dennoch eine Vergleichsgruppe mit einem Placebo behandelt. PatientInnen, die unter Schmerzen leiden, sprechen z.B. häufig unspezifisch auf Behandlungsversuche an. Die Erwartungshaltung der PatientInnen beeinflusst das Studienergebnis maßgeblich. Mit dem Studienarm, der ein Mittel ohne Wirkstoff erhält, sollen diese Effekte ausgeglichen werden, die nicht als direkte Wirkung des Medikaments angesehen werden können. Der Gruppe der mit Placebos behandelten Patienten kommt daher eine besondere Bedeutung, sowohl in klinischen, als auch in experimentellen Studien zu. Da der Teilnehmende an der Studie in der Regel nicht weiß, ob er im Studienarm mit dem Wirkstoff oder im Placeboarm behandelt wird, nennt man eine solche klinische Studie "verblindet". Auch die Erwartung der ÄrztInnen oder VersuchsleiterInnen spielen eine Rolle. Daher wissen in vielen Studien auch behandelnde ÄrztInnen und Versuchleitende nicht, in welcher Behandlungsgruppe sich die PatientInnen oder VersuchsteilnehmerInnen befinden. Diese Studien bezeichnet man als "doppelblind". Die Zuordnung in die Behandlungsarme erfolgt nach dem Zufallsprinzip (randomisiert).

    PatientInnen und ethische Fragen

    Die am SFB 289 beteiligten Universitätskliniken bieten PatientInnen medizinische Versorgung, modernste Diagnostik und umfassende Therapie auf höchstem internationalem Niveau. Hilfe bei ethischen Fragen und Konflikten im klinischen Alltag und der Pflege bieten die Ethikkommissionen der Universitätskliniken (so auch in Essen, Marburg und Hamburg) an. Diese Gremien sind interdisziplinär und berufsübergreifend besetzt. Die Ethikkommissionen der Universitäten haben die Aufgabe, jedes Forschungsvorhaben am Menschen ethisch und rechtlich zu beurteilen. Sie tragen damit zu einer transparenten und vertrauensvollen Durchführung der Forschung an den Standorten bei. Ihre Mitglieder setzen sich interdisziplinär und berufsgruppenübergreifend zusammen. Jede wissenschaftliche Untersuchung durchläuft vor Einschluss ihrer ersten TeilnehmerIn ein detailliertes Begutachtungsverfahren, bei dem zumeist ÄrztInnen, JuristInnen, NaturwissenschaftlerInnen, BerufsethikerInnen und PatientInnen-VertreterInnen fester Bestandteil der Gutachter-Ausschüsse sind. In ihrer Funktion sind alle Mitglieder unparteilich, neutral und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Damit leistet eine Ethikkommission einen wichtigen Beitrag zur Kultur, Personal-, Organisations- und Qualitätsentwicklung in der Forschung.

    Kontakt in Essen:
    Ihr fachlicher Ansprechpartner ist die
    Geschäftsstelle der
    Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen
    Robert-Koch-Str. 9-11
    45147 Essen

    Tel.: 0201-723-3637
    E-Mail:  ethikkommission@uk-essen.de

  2. Tierversuche

    Der enorme Fortschritt, der in den letzten Jahrzehnten in den Lebenswissenschaften - Medizin, Biologie und Pharmazie - erzielt wurde, wäre ohne den Einsatz von Tierversuchen nicht denkbar. Die moderne Medizin beruht auf Entdeckungen der biomedizinischen Grundlagenforschung und deren Umsetzung in angewandte Forschung und schließlich in die medizinische Praxis. Der Übergang zwischen diesen Bereichen ist häufig fließend. Viele Erfolge beim Verständnis physiologischer und pathologischer Prozesse sowie bei der Entwicklung von medizinischen Therapien und Arzneimitteln beruhen auch auf Erkenntnissen, die durch Tierexperimente gewonnen wurden und anders nicht hätten erzielt werden können. Durch die enge Zusammenarbeit von GrundlagenforscherInnen und KlinikerInnen entstehen tierexperimentelle Fragestellungen oft am Krankenbett und haben translationale Ziele, d.h. sie verfolgen einen klar erkennbaren klinischen und praktischen Nutzen. Sie entschlüsseln Mechanismen und zeigen wie Therapien verbessert werden können bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen. Auch innerhalb des SFB/TRR 289 setzen einige Forschergruppen gezielt Versuchstiere (Ratten) ein, um wissenschaftliche Fragestellungen zu beantworten, die auf andere Weise nicht angegangen werden könnten. Alle Tierversuche unterliegen dabei einem strengen, gesetzlich geregelten Genehmigungsverfahren, das im Tierschutzgesetz und in der Tierschutz-Versuchstierverordnung festgelegt ist. Jedes Experiment ist daher sehr sorgfältig geplant und wird unter Berücksichtigung ethischer Aspekte und der geltenden Tierschutzrichtlinien durchgeführt. Die durchführenden WissenschaftlerInnen verfügen über entsprechende versuchstierkundliche Zusatzqualifikationen und sind dazu angehalten, sowohl die Anzahl als auch die Belastung der Tiere in den einzelnen Versuchen so gering wie möglich zu halten. Bei der Planung und Durchführung der Versuche wird das sogenannte 3R-Prinzip angewandt, welches für „Reduce, Refine, Re­place“ steht. Dies bedeutet, dass (1) die Zahl der Tiere pro Versuch auf das unbedingt erforderliche Minimum reduziert ist (Reduction), dass (2) die Durchführung der Versuche und die Haltung der Tiere so optimiert ist, dass die Belastung der Tiere so gering wie möglich ist (Refinement), und dass (3) Tierversuche durch Alternativmethoden (z.B. Zellkulturen, Computermodelle, bildgebende Verfahren) ergänzt werden, wann immer dies möglich ist (Replacement). Unterstützt und beraten werden die WissenschaftlerInnen durch die Tierschutzbeauftragten der jeweiligen Universitäten. Die Überwachung und Kontrolle der genehmigten Tierversuche erfolgt durch die zuständigen Veterinärämter.

    Eine relevante Übersichtsarbeit zu dem Thema, an der Tierforscher aus dem SFB/TRR 289 beteiligt waren, findet sich unter folgendem Link:
    Homberg JR, Adan RAH, Alenina N, Asiminas A, Bader M, Beckers T, Begg DP, Blokland A, Burger ME, van Dijk G, Eisel ULM, Elgersma Y, Englitz B, Fernandez-Ruiz A, Fitzsimons CP, van Dam AM, Gass P, Grandjean J, Havekes R, Henckens MJAG, Herden C, Hut RA, Jarrett W, Jeffrey K, Jezova D, Kalsbeek A, Kamermans M, Kas MJ, Kasri NN, Kiliaan AJ, Kolk SM, Korosi A, Korte SM, Kozicz T, Kushner SA, Leech K, Lesch KP, Lesscher H, Lucassen PJ, Luthi A, Ma L, Mallien AS, Meerlo P, Mejias JF, Meye FJ, Mitchell AS, Mul JD, Olcese U, González AO, Olivier JDA, Pasqualetti M, Pennartz CMA, Popik P, Prickaerts J, de la Prida LM, Ribeiro S, Roozendaal B, Rossato JI, Salari AA, Schoemaker RG, Smit AB, Vanderschuren LJMJ, Takeuchi T, van der Veen R, Smidt MP, Vyazovskiy VV, Wiesmann M, Wierenga CJ, Williams B, Willuhn I, Wöhr M, Wolvekamp M, van der Zee EA, Genzel L. The continued need for animals to advance brain research. Neuron. 2021 Aug 4;109(15):2374-2379. doi: 10.1016/j.neuron.2021.07.015.

  3. Open Science

    Unter Open Science versteht man im Allgemeinen eine Öffnung der Wissenschaft hin zu mehr Nahbarkeit, Verfügbarkeit und Verstehbarkeit. Dabei ist Open Science kein fest definierter Begriff, sondern viel mehr ein aus verschiedenen Zielen und Werkzeugen bestehendes Konzept.

    Wir als SFB 289 unterstützen und fördern Open Science, da wir die Position vertreten, dass nur uneingeschränkt verfügbare und transparente Forschung zum größtmöglichen Wissenszuwachs aller führen kann – nicht nur von anderen ForscherInnen, sondern vor allem der Allgemeinheit, die unsere Forschungsarbeiten durch ihre Teilnahme und über unseren öffentlichen Förderer unterstützt und betrifft. Eine exzellente Wissenschaftskommunikation ist uns daher sehr wichtig. Wir arbeiten daher kontinuierlich an Schulungsmaterialien für PatientInnen, die Allgemeinheit, aber auch für Angehörige klinischer Berufe (z.B. PflegerInnen, TherapeutInnen, ÄrztInnen, etc.). Schauen Sie doch mal auf unseren Profilen in den sozialen Medien vorbei!

    Von der Planung einer Studie bis hin zur Bekanntmachung der Ergebnisse: Unsere Maßnahmen fördern Transparenz in der Wissenschaft. So werden alle unsere Studien schon vorab in zertifizierten Datenbanken registriert, d.h. wir beschreiben genau, welches Thema wir warum und wie untersuchen möchten. Während laufender Studien stehen wir in engem Austausch mit anderen WissenschaftlerInnen, aber vor allem auch mit PatientInnen und anderen gesellschaftlichen Gruppen (sog. Public Engagement und Citizen Science). Wir nutzen dabei Techniken und Methoden, die wir selbst oder andere WissenschaftlerInnen entwickelt haben und stellen diese öffentlich zur Verfügung (sog. Open Source und Open Methodology), damit exzellente Forschung möglichst für alle umsetzbar bleibt. Und zu guter Letzt fördern wir die freie Veröffentlichung unserer Forschungsdaten, Methoden und Ergebnisse (sog. Open Access, Open Data), damit neue Fragestellungen einfacher zu beantworten sind und unsere Ergebnisse noch schneller Einzug in klinische Behandlungen erhalten.
    Um diese Vorhaben bestmöglich umzusetzen, haben wir im SFB drei Open Science Beauftragte benannt: Dr. Tamas Spisak, Dr. Julian Kleine-Borgmann und Prof. Dr. Dominik Endres stellen die Einhaltung von Open Science und Open Data Vorhaben sicher und unterstützen die ForscherInnen in der Umsetzung.

  4. Umgang mit persönlichen Daten

    Der Schutz Ihrer persönlichen Daten hat für uns einen hohen Stellenwert. Datensicherheit ist vor allem in Bezug auf Patienteninformationen enorm wichtig. Dazu zählen alle Informationen, Gesundheitsinformationen und personenbezogene Daten, die ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen über ihre PatientInnen und Teilnehmenden an einer Studie sammeln, speichern und nutzen. Es bedarf dabei der Zustimmung der Betroffenen oder einer gesetzlichen Bestimmung, die dies gestattet.
    Grundsätzlich gilt das Arztgeheimnis und damit eine besondere Verschwiegenheitspflicht ebenso wie die digitale Sicherheit. Nicht nur ÄrztInnen, auch PsychologInnen und StudienleiterInnen sowie Kliniken müssen das Patientengeheimnis wahren. Dazu gehören auch TherapeutInnen: z.B. KrankenpflegerInnen, PhysiotherapeutInnen, pharmazeutisch bzw. medizinisch-technische AssistentInnen, MasseurInnen, ErgotherapeutInnen, psychologische PsychotherapeutInnen. Ebenso sind berufsmäßig tätige Hilfskräfte und sonstig verpflichtete Personen wie Studierende und Verwaltungskräfte zur Verschwiegenheit verpflichtet.

    Bevor wir Forschungsdaten anderen WissenschaftlerInnen zur Verfügung zu stellen (z.B. in einer Datenbank, die es erlaubt, unsere Ergebnisse auch in anderen Teilen der Welt nachzuvollziehen, siehe auch Punkt 3 Open Science), anonymisieren wir die Daten unserer TeilnehmerInnen. Dies bedeutet, dass eine Zuordnung von persönlichen Merkmalen (z.B. Name, Identifikationsnummer, Aussehen) zu den Daten nicht mehr möglich ist.

    Die Betreiber dieser Webseite nehmen den Schutz Ihrer persönlichen Daten sehr ernst. Wir behandeln auch hier ihre personenbezogenen Daten vertraulich und entsprechend der gesetzlichen Datenschutzvorschriften sowie dieser Datenschutzerklärung. Eine Datenschutzerklärung klärt Sie über die Art, den Umfang und Zweck der Verarbeitung von personenbezogenen Daten innerhalb des Onlineangebotes und der mit ihm verbundenen Webseiten, Funktionen und Inhalte sowie externen Onlinepräsenzen, wie z.B. unser Social Media Profil auf. Im Hinblick auf die verwendeten Begrifflichkeiten, verweisen wir auf die Definitionen im Art. 4 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

    Weitere Informationen: https://treatment-expectation.de/datenschutz