In klinischen Studien mit Antidepressiva wurden in Placebogruppen Verbesserungen von etwa 80 % im Vergleich zur eigentlichen Behandlungsgruppe festgestellt. Der Mechanismus, der diesem klinisch bedeutsamen Effekt zugrunde liegt, wurde mit der zielgerichteten Aufmerksamkeitskontrolle in Verbindung gebracht.
Hier untersuchten die AutorInnen um Stefanie Brassen im Detail, wie Aufmerksamkeitsressourcen und kognitive Kontrolle die Auswirkungen positiver Erwartungen auf die emotionale Verarbeitung beeinflussen. Neunundvierzig gesunde Probanden nahmen an einer Cross-over-fMRT-Studie teil, in der die Erwartung einer Stimmungsverbesserung und emotionalen Verarbeitung durch ein vermeintliches Oxytocin-Nasenspray und eine verbale Anweisung induziert wurde. Im MR-Scanner wurde mit einem räumlichen Cueing-Paradigma die Aufmerksamkeitsbelastung auf emotionale Ablenkungsfaktoren manipuliert.
Die Verhaltensbefunde zeigten, dass die Placebobehandlung die Stimmung verbesserte und die Ablenkbarkeit durch ängstliche Gesichter im Vergleich zu glücklichen Gesichtern verringerte, insbesondere wenn mehr Aufmerksamkeitsressourcen für die Verarbeitung von Gesichtern verfügbar waren. Dies stimmte mit neuronalen Veränderungen in der Aktivierung und funktionellen Kopplung in lateralen präfrontal-limbischen Netzwerken überein, was auf eine erwartungsinduzierte Top-down-Regulierung aversiver Inputs hindeutet. Darüber hinaus korrelierten die Auswirkungen auf das Verhalten und die präfrontal-parietalen Netzwerke direkt mit der individuellen kognitiven Kontrolle. Unsere Daten zeigen, dass Erwartungen die Top-Down-Aufmerksamkeitsselektion beeinflussen und dass dieser Einfluss entscheidend von der individuellen Kontrollfähigkeit und dem Aufmerksamkeitskontext abhängt.
Diese Ergebnisse könnten besonders bei Patienten mit schweren depressiven Störungen von Bedeutung sein, die häufig eine Negativitätsverzerrung und eine verminderte kognitive Kontrollfähigkeit aufweisen.
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