Wie teile ich einer Patientin oder einem Patienten eine schlechte Nachricht mit? Wie kann ich die Person und ihre Angehörige durch Gespräche emotional unterstützen, bei Therapieentscheidungen begleiten und zugleich die Wirksamkeit von Therapien steigern? Prof. Sven Benson unterstützt angehende Arztinnen und Ärzte dabei, sich optimal auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten.

sven-benson_2022.png

Prof. Dr. rer. medic Sven Benson ist Leiter des Instituts für Didaktik in der Medizin am Universitätsklinikum Essen

Kommunikation wirkt.

Prof. Sven Benson, Leiter des Instituts für Didaktik in der Medizin am Universitätsklinikum Essen und Projektleiter im Sonderforschungsbereich Treatment Expectation

Vor Kurzem habe ich eine Professur und zugleich die Leitung des Instituts für Didaktik in der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen angetreten. Die Aufgabe des neu gegründeten Instituts ist es, die Ausbildung und das Lehrangebot für unsere Medizinstudierenden weiterzuentwickeln und so die Studierenden zu unterstützen, sich optimal auf ihre zukünftigen Aufgaben als Ärztin und Arzt vorzubereiten. Neben einem umfangreichen Fachwissen werden für die spätere ärztliche Tätigkeit verschiedene Kompetenzen benötigt: Wie kann ich mein Fachwissen aktuell halten und wissenschaftlich erfolgreich arbeiten, wie im Team mit anderen Berufsgruppen zielführend zusammenarbeiten, und vor allem, wie kann ich Gespräche mit Patienten und Angehörigen bestmöglich gestalten? Die besondere Bedeutung ärztlicher Kommunikation ist in den letzten Jahren wieder sehr viel stärker in das Bewusstsein getreten: Wie gewinne ich alle relevanten Informationen, um eine Diagnose zu stellen? Wie teile ich PatientInnen eine schlechte Nachricht mit? Wie kann ich PatientInnen und Angehörige durch Gespräche emotional unterstützen, bei Therapieentscheidungen begleiten und zugleich die Wirksamkeit von Therapien steigern?

Wie wichtig und im wahrsten Sinne wirksam Gespräche mit PatientInnen sind, habe ich bereits in meiner Zeit als Krankenpfleger oftmals beobachten können – und auch, wie eine manchmal nur beiläufige Bemerkung Schaden anrichtet. Daher bin ich nach wie vor begeistert davon, wie sich diese Beobachtungen später mit wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Placebo- und Noceboforschung in Einklang bringen ließen – und dass ich selbst in diesem spannenden Feld nicht nur forschen darf, sondern die Erkenntnisse direkt in die Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten einbringen kann.

Nach der Pflegeausbildung habe ich an der Universität Trier Psychologie studiert und währenddessen weiter in der Pflege gearbeitet. Nach Abschluss des Studiums habe ich dann eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie des Universitätsklinikums Essen angetreten und dort promoviert, habilitiert und als außerplanmäßiger Professor für Medizinische Psychologie in Forschung und Lehre gearbeitet. Ende 2021 habe ich eine Professur für Didaktik in der Medizin in Essen angetreten und 2022 ein berufsbegleitendes Studium zum Master of Medical Education an der Universität Heidelberg abgeschlossen.

Prof. Sven Benson: die Macht der ärztlichen Kommunikation

Was mich persönlich bewegt

Was mich an der Medizinischen Psychologie und der Medizindidaktik begeistert.
Das Fach Psychologie hat mich bereits als Schüler interessiert. Ich wollte verstehen, was unser Erleben und Verhalten beeinflusst und welche Rolle unsere Umgebung dabei spielt. Eher durch einen glücklichen Zufall bin ich dann zunächst in den Pflegeberuf eingestiegen und fand es auch dort beeindruckend zu beobachten, wie stark Gesundheit und Krankheit mit psychologischen Faktoren verbunden sind. Dementsprechend hat mich während des Psychologiestudiums insbesondere die biologische Psychologie fasziniert, in der es um die Wechselwirkung zwischen psychologischen und biologischen Prozessen geht und um die Frage, wie das Gehirn und der Körper zusammenarbeiten. Daher war ich auch besonders glücklich, dass ich am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie eine perfekte wissenschaftliche Umgebung gefunden habe, in der diese Fragestellungen erforscht werden. In unseren Arbeiten dort geht es um die Frage, wie sich das zentrale Nervensystem und das Immunsystem wechselseitig beeinflussen – warum wir uns beispielsweise schlechter fühlen und anders verhalten, wenn unser Immunsystem bei einem Infekt aktiviert ist. Spannend ist auch die Frage, ob sich solche Prozesse und die resultierenden entzündungsassoziierten Krankheitssymptome durch psychologische Interventionen beeinflussen lassen. Neben der Forschung habe ich immer große Freude an der Lehre, also an der Ausbildung von Medizinstudierenden und anderen medizinischen Berufsgruppen. Dabei wurde für mich zunehmend die Frage wichtig, wie sich Lehre möglichst motivierend, spannend und gewinnbringend für die Lernenden gestalten lässt – somit war mein Interesse für die Medizindidaktik gelegt.

Warum die Placeboforschung für mich so faszinierend ist.
Die Placeboforschung ist für mich faszinierend, weil sie viele meiner Interessen verbindet: Sie ist ein perfektes und äußerst anschauliches Beispiel dafür, wie psychologische und biologische Prozesse ineinandergreifen und sich gegenseitig beeinflussen. Durch Erwartungen und Vorerfahrungen, durch Gespräche und empathische Interaktion werden objektivierbare neurobiologische Prozesse angestoßen, die wiederum einen Einfluss auf die Wahrnehmung und Intensität von Symptomen haben und sogar die Wirkung von Medikamenten und medizinischen Interventionen beeinflussen können. Dies ist nicht nur als Forschungsthema spannend, sondern auch von großer Bedeutung für die Aus- und Weiterbildung von ÄrztInnen und Mitarbeitenden im Gesundheitssystem. Denn tatsächlich können wir über unsere Kommunikation die Wirksamkeit vieler Therapien unterstützen und das Wohlbefinden von PatientInnen steigern. Dies ist ein wichtiges Zukunftsthema für die Lehre.

Was mir Freude im Leben bereitet.
In meinem beruflichen Leben bereitet mir vor allem die Zusammenarbeit mit anderen Menschen Freude. Das geschieht in vielerlei Hinsicht: im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen, wenn wir Ideen für neue Studien entwickeln und überlegen, wie wir diese praktisch umsetzen können, wenn wir gemeinsam Ergebnisse diskutieren und einordnen oder an Publikationen arbeiten.

  • In Zusammenarbeit mit unserem Team, in dem Menschen mit ganz unterschiedlichen beruflichen Hintergründen und unterschiedlichen Aufgaben, aber alle mit großer Motivation zusammenarbeiten.
  • Mit anderen Lehrenden, wenn es um die Frage geht, wie wir das Lehrangebot für unsere Studierenden weiterentwickeln können, und, ganz wichtig, mit Studierenden, die oft die besten Fragen stellen und helfen, das eigene Denken und Wissen noch einmal zu hinterfragen.

In der Freizeit spielen Sport und Bewegung eine große Rolle, dazu geht es zum Schwimmen, gemeinsam mit Freunden auf Radtouren und zu ausgedehnten Waldspaziergängen mit unserem Riesenschnauzer.

*Nach Rücksprache mit Patientinnen, Patienten und Vertretern von Patientenorganisationen haben wir uns entschieden, für die Texte, die sich direkt an Patienten wenden, in der Ansprache die weibliche und männliche Form oder ein großes Binnen-I anzuwenden. Ist dies nicht sinnhaft, haben wir zugunsten der besseren Verständlichkeit und des Leseflusses auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.