Wer in eine Arztpraxis kommt, muss dort viele Fragen beantworten – und wird viele Informationen bekommen. Deshalb lohnt es sich, den Besuch bei der Ärztin oder dem Arzt gut vorzubereiten: Das hilft beiden Seiten dabei, eine optimale Therapie zu finden.

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Vor allem beim ersten Besuch in der Sprechstunde sollten Sie sich ausreichend Zeit für die Vorbereitung Ihres Arzttermins nehmen.

Überlegen Sie vorab, was Ihnen wichtig ist, was Sie unbedingt sagen wollen, machen Sie Notizen, nehmen Sie jemand Vertrauten mit.

Prof. Sven Benson, Medizinische Psychologie Universität Duisburg-Essen

Wie bereite ich mich optimal auf einen Arztbesuch vor?

„Patienten sollten sich auf den Arztbesuch vorbereiten. Das ist ganz wichtig, denn Ärztinnen und Ärzte haben häufig wenig Zeit. Man kann also nicht lange herumschwafeln, sondern sollte sich vorab eine Liste mit den wichtigsten Punkten machen. Das spart allen Zeit“, sagt Heike Norda, Vorsitzende der unabhängigen Vereinigung aktiver Schmerzpatienten in Deutschland SchmerzLOS e.V. „Als Patientin muss ich auch Verständnis für den Arzt haben.“ Heike Norda ist selbst Betroffene und hat in ihrem Leben viele Arztgespräche geführt. Sie ermutigt daher Patientinnen und Patienten zur aktiven Mitarbeit für einen zufriedenstellenden Besuch in der Praxis. Ein ausführliches Interview mit Heike Norda lesen Sie hier.

Wer zum ersten Mal in eine Arztpraxis kommt oder längere Zeit auf einen Facharzttermin warten musste, will diesen Besuch bestmöglich nutzen. Eine gute Vorbereitung trägt dazu bei. Denn: Wer sich vorbereitet, stellt mehr und bessere Fragen, bekommt genauere Informationen und ist zufriedener mit dem Ergebnis des Termins. Lesen Sie dazu auch den Beitrag: „Was mein Arzt oder meine Ärztin von mir wissen sollte.“

Entscheidend ist natürlich, warum Sie den Arzt oder die Ärztin aufsuchen. Wenn Sie nur ein Folgerezept benötigen oder eine Krankschreibung, dann ist es sicher etwas anderes, als wenn Sie bereits wochenlang unter unerklärlichen Kopfschmerzen leiden.

Dies ist eine mögliche To-do-Liste vor einem wichtigen Termin:

  • Formulieren Sie exakt den Grund für den Besuch.
  • Denken Sie an praktische Kleidung, in die man schnell raus- und wieder reinschlüpfen kann.
  • Am wichtigsten sind Notizen zu Ihren Beschwerden: Was Sie quält, wissen Sie natürlich. Aber auch seit wann, wie häufig und in welchen Situationen? Überlegen Sie vor dem Termin, wie Sie Ihre Schmerzen, ein unspezifisches Unwohlsein oder ungewöhnliche Müdigkeit am besten beschreiben können. Vergessen Sie auch nicht Veränderungen in letzter Zeit, wie auffallenden Gewichtsverlust.
  • Ihre Krankengeschichte – nur die wichtigsten Punkte – sollten Sie chronologisch zur Hand haben: Operationen, schwerere Erkrankungen, größere Untersuchungen (idealerweise mit Ergebnissen), Allergien. Zur Krankengeschichte gehören auch familiäre Besonderheiten, etwa eine Häufung von Diabetes, Herzinfarkten oder Krebs. Diese Infos sind für den Erstbesuch in einer Praxis besonders wichtig, und die Notizen helfen der Erinnerung auf die Sprünge. Das bedeutet nicht, dass Sie die komplette Liste aufsagen müssen, aber falls der Arzt oder die Ärztin konkrete Nachfragen hat, hat man die Info sofort zur Hand.
  • Falls vorhanden, sollten Sie Röntgenbilder, Ergebnisse von Bluttests oder Ihre Kopie des letzten Arztbriefs dabeihaben, besonders, wenn Sie zum Facharzt und zur Fachärztin überwiesen wurden. Gibt es ein Blutdruck- oder Blutzucker-Protokoll? Auch das gehört zu den Unterlagen, die Sie bei Bedarf zeigen oder der Praxis überlassen können.
  • Schreiben Sie auf, welche Medikamente Sie derzeit einnehmen und in welcher Dosis, gegebenenfalls auch Medikamente, die Ihnen verschrieben wurden, die Sie aber nicht (mehr) einnehmen (und warum). Erinnern Sie sich an auffällige Effekte bestimmter verordneter Medikamente, ausgebliebene Wirkungen und/oder aufgetretene Nebenwirkungen? „Das sind enorm hilfreiche Informationen für jeden Arzt und jede Ärztin, um die zukünftige Behandlung so individuell wie möglich zu planen“, erklärt Prof. Ulrike Bingel, Leiterin des Schmerzzentrums am Universitätsklinikum Essen. Am besten wäre eine Übersicht – ein Medikamentenplan –, den Sie  z.B. von Ihrer Hausärztin erhalten. Manchmal fallen einem in der Aufregung die Namen selbst jener Präparate nicht ein, die man bereits jahrelang einnimmt. Auch die Darreichungsform (z.B. Tropfen, Tabletten, Zäpfchen) und Dosierung sind wichtige Informationen. Auf diese Liste gehört jede per Rezept verordnete Medizin, aber auch alle Arzneien, die Sie rezeptfrei bekommen, etwa Schmerztabletten.
  • Vergessen Sie nicht, Nahrungsergänzungsmittel zu erwähnen, wie z.B. Vitaminpräparate, Fischöl-Kapseln, Heilkräuter-Tees – diese selbstverordneten Extras für die Gesundheit scheinen oft nicht erwähnenswert. Wegen möglicher Wechselwirkungen sollte ein Therapeut aber wissen, was Sie alles einnehmen, wie oft und wie viel. „Die Vielzahl der Wechselwirkungen ist enorm und manchmal auch erstaunlich“, sagt Prof. Bingel und nennt ein Beispiel: „Wer eine Vorliebe für Grapefruitsaft hat, sollte wissen, dass die Inhaltsstoffe der Grapefruit mit vielen Medikamenten interagieren können und die Konzentration der Medikamentenwirkstoffe im Körper erhöhen! Auch das Chinin in Tonic Wasser und Bitter Lemon kann Wechselwirkungen hervorrufen.“
  • Gehen Sie – eventuell wegen derselben Beschwerden wie jetzt – zum Heilpraktiker, zur Homöopathin oder nehmen Traditionelle Chinesische Medizin in Anspruch? Notieren Sie sich auch das. Und sprechen Sie es an. Es ist nicht sinnvoll, dies zu verschweigen, vielleicht weil man eventuell befürchtet, die Ärztin heiße das nicht gut. Eine vertrauensvolle Beziehung ist der Grundstein für eine erfolgreiche Behandlung. Die Ärztin muss Ihnen vertrauen und Sie der Ärztin.
  • Notieren Sie alle Fragen, die Ihnen vor dem Arztbesuch durch den Kopf gehen. Im Arztzimmer fällt einem sonst vieles nicht mehr ein. Auch an Ihre Ängste und Bedenken können Sie sich mit einer schriftlichen Notiz besser erinnern. Hier ist es ebenso wichtig, dass Sie diese ansprechen. Nur so kann Ihr Behandler darauf eingehen. „Wenn Sie Ihre Bedenken z.B. gegenüber einem bestimmten Präparat nicht ansprechen und stattdessen das Medikament zu Hause gar nicht oder nur unregelmäßig einnehmen, ist die Chance einer erfolgreichen Therapie auf einer Vertrauensbasis vertan“, weiß Schmerztherapeutin Prof. Ulrike Bingel aus Erfahrung.
  • Nehmen Sie Papier und Stift mit – mit schriftlichen Stichworten erinnert man sich leichter an die Informationen des Arztes oder der Ärztin, als wenn man zu Hause versucht, sich zu erinnern, was da noch mal genau gesagt wurde ...
  • Wer der behandelnden Person gegenüber unsicher ist oder vielleicht nicht besonders gut hört oder sehr aufgeregt ist, sollte auf jeden Fall eine vertraute Person mitnehmen. Die Begleitung kann einen an wichtige Fragen erinnern oder Notizen machen, wenn man selbst zu nervös dazu ist. Außerdem ist eine Begleitung immer gut, weil man sich erstens emotional unterstützt fühlt, und zweitens sehen und hören zwei Paar Augen und Ohren mehr. Die Wahrnehmung, wie z.B. eine Diagnose aufgefasst wurde, kann durchaus unterschiedlich sein. Zu zweit kann man nach dem Arztbesuch alles noch mal besser rekapitulieren und vielleicht auch diskutieren. Es ist vielfach nachgewiesen, dass das Gefühl, selbst Kontrolle über eine Krankheit zu haben, die positive Grundhaltung für eine Therapie begünstigt. Kontrolle zu haben bedeutet, sich nicht hilflos zu fühlen.

Wer mehr Informationen und Anregungen rund um den Praxis- oder Ambulanzbesuch sucht, wird im Internet vielfach fündig:
Diese interaktive Frageliste bietet Ihnen eine gute Übersicht, und Sie können Ihre Antworten direkt am Computer eintragen: https://www.gesundheitsinformation.de/frageliste/

Tipps für den Besuch bei der Ärztin oder dem Arzt – vorher, währenddessen und danach – finden sich beim Aktionsbündnis Patientensicherheit. Es gibt auch eine entsprechende Broschüre für den Klinikaufenthalt. https://www.aps-ev.de/patienteninformation/

Tipps von Heike Norda für den Dialog mit dem Arzt lesen Sie in der Ausgabe 3/2022 der Zeitschrift "SchmerzLOS AKTUELL" unter diesem Link: www.uvsd-schmerzlos.de/vereinszeitschrift-aktuell-1/

Auf der Internetseite www.washabich.de finden Sie viele weitere Hinweise und Checklisten. Einen Leitfaden für den Arztbesuch können Sie als Broschüre kostenlos downloaden unter https://washabich.de/arztbesuch

Die Patienten-Universität an der Medizinischen Hochschule Hannover hat auf ihrer Homepage verschiedene Checklisten vorbereitet, die sich zu individuellen Fragelisten für PatientInnen zusammenstellen lassen. https://www.patienten-universitaet.de/node/121

Empfehlenswert ist auch das kurze Video von Dr. Johannes Wimmer. Der Mediziner und Fernsehmoderator erklärt hier sehr anschaulich, warum die Vorbereitung auf den Arztbesuch so wichtig ist: https://www.youtube.com/watch?v=MksocRDHQYg

Leicht verständlich und mit Animationen ansprechend gestaltet ist auch die PatientInneninformation der Stiftung Gesundheitswissen. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/patient-arzt/gut-vorbereitet-so-gelingt-das-gespraech-mit-dem-arzt

Unsere Bitte

Erzählen Sie uns Ihre persönliche Geschichte mit dem Placeboeffekt! Medizin lebt auch von Erzählungen. Deshalb sammeln wir für den Sonderforschungsbereich „Treatment Expectation“ die vielfältigen Erfahrungen von PatientInnen mit ihren eigenen Erwartungen. Näheres erfahren Sie hier.

*Nach Rücksprache mit Patientinnen, Patienten und Vertretern von Patientenorganisationen haben wir uns entschieden, für die Texte, die sich direkt an Patienten wenden, in der Ansprache die weibliche und männliche Form oder ein großes Binnen-I anzuwenden. Ist dies nicht sinnhaft, haben wir zugunsten der besseren Verständlichkeit und des Leseflusses auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.