Ein Arzt klärt einen depressiven Patienten über die Behandlungsmöglichkeiten auf. © Peera/stock.adobe.com
Ein Arzt klärt einen depressiven Patienten über die Behandlungsmöglichkeiten auf. © Peera/stock.adobe.com
Wie können optimierte Erwartungen bei internetbasierten Interventionen gegen Depressionen helfen?
Depressionen sind weltweit eine der häufigsten psychischen Erkrankungen. Bis zu 20 Prozent der Menschen sind davon in ihrem Leben betroffen. Depressionen sind für Betroffene in hohem Maße belastend, sie führen regelmäßig zu eingeschränkter Erwerbsfähigkeit und haben enorme gesellschaftliche Folgekosten. Obwohl mit antidepressiven Medikamenten und Psychotherapie wirksame Behandlungsmöglichkeiten existieren, bleiben viele Depressionen unbehandelt. Betroffene fürchten oft, durch die Diagnose stigmatisiert zu sein, und sie sorgen sich vor Nebenwirkungen. Außerdem sind Termine für eine Psychotherapie oft schwierig zu bekommen. Hier können internetbasierte Interventionen helfen: Diese Selbsthilfe-Materialien wirken in vielen Fällen ebenso gut wie eine Psychotherapie, sind niedrigschwellig zu erhalten, flexibel, günstig und können sogar individualisiert werden.
Negative Erwartungen sind bei Depressionen häufig – und belasten die Therapie
Wie solche internetbasierten Interventionen noch deutlich verbessert werden können, soll unsere Projekt A16 zeigen. Wir stützen uns dabei auf die Ergebnisse aus der ersten Förderphase unseres Sonderforschungsbereichs, in der wir die Krankheitsüberzeugungen von Patientinnen und Patienten mit Depressionen untersucht haben und wie diese sich auf Behandlungserwartungen und den Therapieerfolg auswirken. So entwickeln viele betroffene Personen ein fatalistisches Krankheitsbild („Ich bin krank, da kann man nichts machen“), stehen Behandlungen skeptisch gegenüber („Mir hilft eh nichts“) und verlieren den Glauben, selbst etwas gegen ihre Depression tun zu können („Das schaffe ich sowieso nicht“). Solche negativen Überzeugungen können die Wirksamkeit sowohl von Antidepressiva als auch von Psychotherapien erheblich einschränken und zum Therapieabbruch führen.
Allerdings sind Überzeugungen nicht unveränderbar. Unsere bisherigen Forschungsarbeiten in Projekt A16 haben ergeben, dass eine empathische Kommunikation durch die Therapierenden sowie sinnvolle Erklärungen zur Krankheit und der vorgesehenen Therapie helfen können, die Behandlungserwartungen der Patienten und Patientinnen zu verbessern. Dadurch konnten anschließend größere Therapieerfolge erzielt werden.
Erfolgreichere Therapien durch optimierte Selbsthilfematerialien?
Wie dieser Ansatz auch internetbasierte Interventionen erfolgreicher machen kann, erforschen wir in Projekt A16 während der zweiten Förderperiode. Lassen sich Behandlungserwartungen bei Depressionen durch Selbsthilfematerialien verbessern? Werden Therapien dadurch tatsächlich erfolgreicher? Und wie verändern sich die Erwartungen im Zusammenspiel mit anderen Faktoren, etwa den Vorerfahrungen der Betroffenen, dem Schweregrad ihrer depressiven Symptome oder Gesprächen mit Experten? Mit den Antworten auf diese Fragen soll Projekt A16 in den kommenden Jahren die Therapiemöglichkeiten bei Depressionen deutlich verbessern.
Brose, A., Heinrich, M., Bohn, J., Kampisiou, C., Zagorscak, P., & Knaevelsrud, C. (2023). Sequencing effects of behavioral activation and cognitive restructuring in an Internet-based intervention for depressed adults are negligible: Results from a randomized controlled trial. Journal of Consulting and Clinical Psychology, No Pagination Specified-No Pagination Specified. https://doi.org/10.1037/ccp0000789
Petrie, K. J., & Rief, W. (2019). Psychobiological Mechanisms of Placebo and Nocebo Effects: Pathways to Improve Treatments and Reduce Side Effects. Annual Review of Psychology, 70(1), 599–625. https://doi.org/10.1146/annurev-psych-010418-102907
Rief, W., Sperl, M. F. J., Braun-Koch, K., Khosrowtaj, Z., Kirchner, L., Schäfer, L., Schwarting, R. K. W., Teige-Mocigemba, S., & Panitz, C. (2022). Using expectation violation models to improve the outcome of psychological treatments. Clinical Psychology Review, 102212. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2022.102212
Zagorscak, P., Heinrich, M., Sommer, D., Wagner, B., & Knaevelsrud, C. (2018). Benefits of Individualized Feedback in Internet-Based Interventions for Depression: A Randomized Controlled Trial. Psychotherapy and Psychosomatics, 87(1), 32–45. https://doi.org/10.1159/000481515
In enger Zusammenarbeit mit folgenden Projekten:
Gesünder altern durch positives Denken?
Prof. Dr. Stefanie Brassen
Verbessern positive Erwartungen die Wirksamkeit von Antidepressiva?
Prof. Dr. Tilo Kircher
PD Dr. Irina Falkenberg
Dieses Projekt ist beendet.
Weniger Sorgen, mehr Optimismus: Lassen sich antidepressive Behandlungen in Echtzeit verbessern?
Prof. Dr. Yvonne Nestoriuc
Prof. Dr. Winfried Rief
Projektleitung
Prof. Dr. Winfried Rief
Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut
Prof. Dr. Christine Knaevelsrud
Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin
Mitarbeitende
Dr. Marcel Wilhelm
Postdoc, Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Emerging PI
Dr. Carmen Schäuffele
Postdoc, Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, Emerging PI
Dr. Pavle Zagorscak
Postdoc, Psychologe
Dr. Frauke Weiß
Clinician Scientist, Psychologische Psychotherapeutin
Dr. Christina Kampisiou
Clinician Scientist, Psychologische Psychotherapeutin
Sebastian Burchert
Psychologe
Liv Caro Henrich
Doktorandin, Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin i. A.
Philipp Lange
Doktorand, Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut i. A.