Welche Gehirnbereiche reagieren auf Schmerzen – und auf ihre Linderung durch Placebo-Effekte? © SFB/TRR 289

Welche Rolle spielt das Kleinhirn für Placebo- und Nocebo-Effekte?

Jüngste Forschungsergebnisse zeigen immer deutlicher, dass die Rolle des Kleinhirns weit über die motorische Kontrolle und das motorische Lernen hinausgeht. Tatsächlich ist dieser Gehirnteil in viele kognitive, emotionale und verhaltensbezogene Funktionen einbezogen. Er könnte sogar eine Art neuronale „Vorhersagemaschine“ sein, die beispielsweise die körperliche Empfindung bei einer Berührung vorhersagt und diese Annahme korrigiert, wenn ihre Erwartung nicht bestätigt wird. Solche Erwartungen und Lernprozesse tragen auch maßgeblich zu Placebo- und Nocebo-Effekten bei, deshalb liegt es nahe, dass das Kleinhirn auch bei diesen Prozessen eine bedeutsame Rolle spielen könnte.

Welche Kleinhirn-Areale sind in Placebo-Effekte eingebunden?

Diese Verbindung zwischen Kleinhirn und Placebo- und Noceboeffekten untersuchen wir in Projekt A17 am Beispiel Schmerz. Es ist bereits gut belegt, dass das Kleinhirn allgemein in die Entstehung und Kontrolle von Schmerzen eingebunden ist. Zudem gibt es erste Hinweise darauf, dass es auch zur Schmerzminderung durch Placebo-Effekte beiträgt: Bei Patientinnen und Patienten mit einer Schädigung des Kleinhirns scheint diese sogenannte Placebo-Hypoalgesie reduziert zu sein. Allerdings gibt es bislang nur wenige Daten zu diesem Phänomen und es ist unbekannt, welche Kleinhirnareale dafür verantwortlich sind und wie diese dabei mit anderen Gehirnbereichen zusammenwirken.

Genaue Einblicke dank fMRT und EEG

Im Rahmen von Projekt A17 überprüfen wir daher, ob eine Kleinhirn-Schädigung tatsächlich Placebo-Effekte reduziert und ob dies auch für Nocebo-Effekte gilt. Mithilfe von Magnetresonanztomografie (MRT) sollen anschließend diejenigen Kleinhirnareale identifiziert werden, die an Placebo- und Nocebo-Effekten beteiligt sind. In weiteren Studien untersuchen wir zudem durch funktionelle MRT (fMRT) bzw. Elektroenzephalografie (EEG), mit welchen anderen Gehirnregionen das Kleinhirn dabei zusammenarbeitet und welcher Zusammenhang zwischen Behandlungserwartungseffekten und der Vorhersageleistung des Kleinhirns besteht.

Batsikadze G, Pakusch J, Klein M, Ernst TM, Thieme A, Nicksirat SA, Steiner KM, Nio E, Genc E, Maderwald S, Deuschl C, Merz CJ, Quick HH, Mark MD, Timmann D. Mild Deficits in Fear Learning: Evidence from Humans and Mice with Cerebellar Cortical Degeneration. eNeuro. 2024 Feb 26;11(2):ENEURO.0365-23.2023. doi: 10.1523/ENEURO.0365-23.2023. PMID: 38176906; PMCID: PMC10897646.

Deistung A, Jäschke D, Draganova R, Pfaffenrot V, Hulst T, Steiner KM, Thieme A, Giordano IA, Klockgether T, Tunc S, Münchau A, Minnerop M, Göricke SL, Reichenbach JR, Timmann D. Quantitative susceptibility mapping reveals alterations of dentate nuclei in common types of degenerative cerebellar ataxias. Brain Commun. 2022 Jan 13;4(1):fcab306. doi: 10.1093/braincomms/fcab306. PMID: 35291442; PMCID: PMC8914888.

Thieme A, Röske S, Faber J, Sulzer P, Minnerop M, Elben S, Reetz K, Dogan I, Barkhoff M, Konczak J, Wondzinski E, Siebler M, Hetze S, Müller O, Sure U, Klockgether T, Synofzik M, Timmann D. Reference values for the Cerebellar Cognitive Affective Syndrome Scale: age and education matter. Brain. 2021 Mar 3;144(2):e20. doi: 10.1093/brain/awaa417. PMID: 33367632.

Ernst TM, Brol AE, Gratz M, Ritter C, Bingel U, Schlamann M, Maderwald S, Quick HH, Merz CJ, Timmann D. The cerebellum is involved in processing of predictions and prediction errors in a fear conditioning paradigm. Elife. 2019 Aug 29;8:e46831. doi: 10.7554/eLife.46831. PMID: 31464686; PMCID: PMC6715348.

In enger Zusammenarbeit mit folgenden Projekten:

A01

A01

A02

A02

A03

A03

Z03

Projektleitung

Prof. Dr. Dagmar Tmmann - SFB/TRR 289 Treatment Expectation

Prof. Dr. Dagmar Timmann
Neurologin

Mitarbeitende

Dr. Frederik Schlitt
Postdoc, Biologe

Dr. Andreas Thieme
Clinician Scientist