Die Erwartungen der PatientInnen haben einen erheblichen Einfluss auf den Krankheitsverlauf und die Wirksamkeit von Behandlungen. Diese Placebo- und Nocebo-Effekte sind in vielen großen internationalen Studien nachgewiesen worden. Unsere Forschung im SFB zielt darauf ab, den Einfluss von Erwartungen auf die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen besser zu verstehen und diese Erkenntnisse zur Optimierung von Therapien zu nutzen.
Die Homöopathie wird oft als wirkungslos dargestellt, weil keine über den Placebo-Effekt hinausgehende Wirkung nachgewiesen werden konnte. Globuli enthalten keine pharmakologisch wirksamen Bestandteile, die eine Wirkung rational erklären könnten, dennoch berichten sowohl Patienten als auch HomöopathInnen von positiven Wirkungen bei verschiedenen Erkrankungen. Wie lässt sich das erklären?
Der Psychologische Psychotherapeut Dr. Marcel Wilhelm, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Marburg, beschreibt den Hintergrund der Veröffentlichung: „Wir wollen mit diesem Artikel zeigen, welche Mechanismen unserer Meinung nach in der Homöopathie genutzt werden, damit Behandlungseffekte trotz fehlender Wirkstoffe eintreten.“
„Wir brauchen keine Globuli, um die guten Seiten homöopathischer Behandlungen zu nutzen“, bestätigt Prof. Dr. Ulrike Bingel, Sprecherin des SFBs. Der Artikel ist auch ein Appell an die evidenzbasierte Medizin, diese psycho-neuro-biologischen Mechanismen systematisch in Behandlungskonzepte zu integrieren, um den Erfolg von Goldstandard-Therapien zu verbessern. „Was in der Homöopathie besonders gut gelingt, ist die Optimierung der Behandlungserwartung, unter anderem durch empathische Kommunikation, deutlich mehr Zeit im Gespräch als bei schulmedizinischen Behandlungen, bestimmte Regeln für die Einnahme von Globuli und vieles mehr“, so Wilhelm.
Das AutorInnenteam empfiehlt, die Kommunikation und die Kontextfaktoren bei jeder Behandlungsmöglichkeit stärker zu nutzen, um den Behandlungserfolg zu fördern. „Wir brauchen eine wissenschaftsbasierte Medizin, die diese Mechanismen nutzt, die wir aus der Placeboforschung kennen und die in der Homöopathie eingesetzt werden“, fordert Prof. Dr. Winfried Rief, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Marburg und stellvertretender Sprecher des SFBs.
Lesen Sie die Originalveröffentlichung in der Zeitschrift Frontiers in Psychology hier.