Im Alter oder während depressiver Krankheitsphasen können Patienten und Patientinnen verringerte kognitive Ressourcen haben. © Baan Taksin Studio/stock.adobe.com

Im Alter oder während depressiver Krankheitsphasen können Patienten und Patientinnen verringerte kognitive Ressourcen haben. © Baan Taksin Studio/stock.adobe.com

Wie steuern Erwartungen unsere Emotionen – und was hat Aufmerksamkeit damit zu tun?

Unsere Stimmungen und Gefühle sind eng mit unseren Erwartungen verknüpft. Wenn wir uns auf etwas freuen, hebt das unsere Stimmung, und wir nehmen unsere Umgebung gleich positiver wahr. Umgekehrt können uns Sorgen und Befürchtungen belasten und negative Dinge in den Fokus rücken.

Kein Wunder also, dass oft große Placeboeffekte auftreten, wenn Behandelnde in die Emotionsverarbeitung von Patientinnen und Patienten eingreifen. Bei antidepressiven Behandlungen beispielsweise können Placebo-Effekte bis zu 80 Prozent der Wirksamkeit ausmachen. Entsprechend wichtig ist es, diese Effekte genauer zu verstehen.

Schmerz- und Affektsystem sind um Gehirn eng verknüpft

Daran arbeiten wir in Projekt A06. Während der ersten Förderphase unseres Sonderforschungsbereichs konnten wir dabei wichtige Parallelen zur Wirkung von Erwartungseffekten bei Schmerzen aufzeigen. Das ist nicht erstaunlich, denn das Schmerzsystem und das so genannte Affektsystem, in dem Emotionen verarbeitet werden, sind im Gehirn eng miteinander verknüpft.

Das betrifft zum Beispiel Erwartungseffekte, die durch mündliche oder schriftliche Erklärungen hervorgerufen werden. In beiden Systemen hängen diese Effekte eng mit kognitiven Leistungen zusammen: Erklärt eine Ärztin ihrem Patienten die Vorteile einer neuen Therapie, so muss dieser ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit aufwenden, um den Ausführungen zu folgen und diese später wieder abrufen zu können. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Frontalhirn, welches für Aufmerksamkeits- und Kontrollprozesse verantwortlich ist.

Wer weniger Aufmerksamkeit aufwenden kann, profitiert möglicherweise weniger von positiven Erwartungseffekten

Dieser Zusammenhang kann dann zum Problem werden, wenn die geistige Leistungsfähigkeit einer Person eingeschränkt ist. Ein Grund dafür können zum Beispiel Alterungsprozesse sein oder auch depressive Krankheitsphasen, in denen die Patienten und Patientinnen oft verringerte kognitive Ressourcen haben. In der Folge profitieren betroffene Menschen möglicherweise weniger gut von den positiven Erwartungseffekten, welche von einer verbalen Instruktion ausgehen.

Deswegen konzentrieren wir uns in Projekt A06 während der zweiten Förderphase darauf zu verstehen, ob und wie positive Erwartungen auch unabhängig von aufwändigen, kognitiven Ressourcen hervorgerufen werden und wirken können – und wie sie sich in diesem Fall messen lassen. Dafür arbeiten wir in Experimenten mit gesunden Freiwilligen, führen Verhaltensstudien durch und erheben Daten aus funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) sowie Elektroenzephalografie (EEG), um die Effekte auf neurobiologischer Ebene zu analysieren. Zudem untersuchen wir in einer klinischen Studie, wie Patientinnen und Patienten mit Depression in ihrer weiteren Behandlung von positiven Erwartungen profitieren können.

Baker, J., Gamer, M., Rauh, J., & Brassen, S. (2022). Placebo induced expectations of mood enhancement generate a positivity effect in emotional processing. Scientific Reports, 12(1), 5345. https://doi.org/10.1038/s41598-022-09342-2

Mostauli, A., Rauh, J., Gamer, M., Büchel, C., Rief, W., & Brassen, S. (2025). Placebo treatment entails resource-dependent downregulation of negative inputs. Scientific Reports, 15(1), 9088. https://doi.org/10.1038/s41598-025-93589-y

Thams, F., & Brassen, S. (2023). The need to change: Is there a critical role of midlife adaptation in mental health later in life? eLife, 12, e82390. https://doi.org/10.7554/eLife.82390

Brassen S, Gamer M, Peters J, Gluth S, Büchel C (2012) Don’t look back in anger! Responsiveness to missed chances in successful and nonsuccessful aging. Science 336:612–614. PubMed

In enger Zusammenarbeit mit den Projekten

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Projekt A11 - SFB/TRR 289 - Treatment Expectation

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Projektleitung

Prof. Dr. Stefanie Brassen - SFB289 Treatment Expectation

Prof. Dr. Stefanie Brassen
Neurowissenschaftlerin

Mitarbeitende

Darius Zokai
Clinician Scientist, Assistenzarzt für Psychiatrie

Lena Szabo
Doktorandin, Neurowissenschaften

Emma Specht
Doktorandin, Psychologie

Eun Jin Shim
Doktorandin, Medizin

Jonas Pautmeier
Masterstudent, Psychologie

Amelie Brühöfner
Masterstudentin, Psychologie