Ulrike Bingel bei MaiThink Xperts: "Die guten Seiten und Ziele der Therapie in den Mittelpunkt stellen“

Ulrike Bingel bei MaiThink Xperts: "Die guten Seiten und Ziele der Therapie in den Mittelpunkt stellen“

MaiThink Xperts

Wie können wir Placebo-Effekte nutzen, um die Medizin besser zu machen? Darüber spricht die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim ihrer aktuellen Folge von „MaiThink Xperts“ mit unserer SFB-Sprecherin Prof. Ulrike Bingel. „Wie ich als Ärztin oder Arzt kommuniziere, ist nicht nur die B-Note“, erklärt Bingel in dem Gespräch. Es gehe nicht darum, was die Leute hinterher in Bewertungsportalen sagen, sondern darum, dass Kommunikation eine nachweisbare Wirkung auf Heilungsverlauf habe – und zwar physiologisch: „Wir müssen als Ärztin oder Arzt mehr tun, als nur über unerwünschte Nebenwirkungen aufzuklären“, so Bingel.

Gespräche beeinflussen den Behandlungserfolg

Denn solche Gespräche mit Ärztinnen und Ärzten, aber etwa auch mit dem Praxispersonal oder Pflegepersonen, beeinflussen die Erwartungen und Einstellungen der Patientinnen und Patienten. Und von diesen wiederum hängt der Erfolg einer Therapie zu einem guten Teil ab: Positive Erwartungen machen eine erfolgreiche Therapie sehr viel wahrscheinlicher – und negative können die Wirkung im Extremfall sogar zunichte machen. „Wir müssen natürlich sagen, was es für unerwünschte Wirkungen gibt“, ist Ulrike Bingel deshalb überzeugt. „Aber wir sollten die guten Seiten und die Ziele der Behandlung in den Mittelpunkt stellen.“

Aber ist dafür im medizinischen Alltag überhaupt genug Zeit? Ja, meint Prof. Bingel: „Das braucht nicht immer viel Zeit. Man muss sich vor allem bewusst sein, dass das, was ich sage, tatsächlich einen Einfluss hat." Klar sei: In eine leitliniengerechte Therapie gehörten Dinge, die wirksam sind – und nur dafür sollten Kosten erstattet werden. „Wenn wir aber wissen, das zehn Minuten Gespräch mit einer verständlichen Aufklärung über den Behandlungsverlauf eine Therapie verbessern kann, dann muss das auch so abgebildet werden." Bei ihren Schmerzpatientinnen und -patienten sei jedenfalls oft das "zehnte Bild der Wirbelsäule nicht so wichtig wie ein Gespräch mit jemanden, der sich Zeit nimmt und schaut, was da eigentlich los ist."

Mehr zum Wert von Patientengesprächen und zur Frage, warum so genannte Open-Label-Placebos nicht nur unser Gesundheitssystem entlasten, sondern auch zur medizinischen Gerechtigkeit in der Welt beitragen können, in der neuen Folge von „MaiThink Experts“!