Kurze Erklärungen von wissenschaftlichen Begriffen von A bis Z sollen Ihnen helfen, die Texte noch besser zu verstehen. So können Sie im Glossar nachlesen, wenn Ihnen ein Begriff in den Texten zum Themenbereich „Erwartungen nutzen“ unklar ist.
Bezeichnet alle körperlichen und neurobiologischen Regulationsmechanismen, wenn es um Gefühls- und Gemütsbewegungen wie z. B. Trauer, Angst und Wut geht. Auch wie wir mit Stress umgehen, wird vom Affektsystem beeinflusst. Das vegetative Nervensystem ist ebenso beteiligt wie Hormone und Botenstoffe. Das Affektsystem wird auch Emotionssystem genannt. Weitere Infos über Forschungsprojekte, die das Affektsystem betreffen, finden Sie hier.
Schmerzlinderndes Medikament, das die Schmerzempfindung unterdrückt, ohne das Bewusstsein und die sensorische Wahrnehmung zu beeinträchtigen.
Arzneimittel aus der Klasse der Psychopharmaka, die in erster Linie zur Behandlung von Depressionen verwendet werden. Sie können ebenso bei anderen psychischen Störungen, aber auch anderen Symptomen wie z. B. Schmerz eingesetzt werden. Studien haben gezeigt, dass der Effekt von Antidepressiva bei leichten bis mittelschweren Depressionen begrenzt ist und sie zum Teil keine wesentlich größere Besserung hervorrufen als ein Placebo. Bei Schmerzen wirken bestimmte Antidepressiva, die sogenannten Trizyklika oder SSNRIs übrigens nicht indirekt über die antidepressive Wirkung, sondern über eine Aktivierung der körpereigenen Schmerzbremse. Hierbei spielt der Botenstoff Noradrenalin eine zentrale Rolle.
Positive oder negative Erwartungen an Behandlungen (Medikamente, Therapien etc.), die auf früheren Erfahrungen beruhen oder durch Informationen z.B. durch den Arzt, die Medien oder das Beobachten von anderen PatientInnen erzeugt werden. All diese Faktoren können das Ergebnis einer Therapie beeinflussen. Hat eine ähnliche Behandlung schon einmal geholfen? Oder sind vor allem die Nebenwirkungen in Erinnerung geblieben?
Behandlungserwartungen werden auch durch die Kommunikation des Therapeuten geprägt. Eine empathische und positive Aufklärung fördert die positive Erwartung und damit den Therapieerfolg.
Erwartungen sind nicht nur die treibende Kraft von Placeboeffekten, sondern beeinflussen auch aktive z.B. medikamentöse Behandlungen – zum Positiven wie Negativen. Weitere Informationen erhalten Sie hier.
System aus Nervenzellen im Gehirn, in dem mithilfe des Botenstoffs Dopamin positive Gefühle entstehen. Das mesolimbische System fördert bestimmte Verhaltensmuster, die mit Belohnung in Verbindung stehen.
Untersuchungsmethoden, die schichtweise Bilddaten von Organen oder Gewebestrukturen liefern. In der medizinischen Diagnostik kommen vor allem die Computertomografie (CT), die Magnetresonanztomografie (MRT) oder die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) zum Einsatz. In der neurowissenschaftlichen Forschung erlaubt die sog. funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) nicht nur, strukturelle Bilder von Gewebe, sondern tatsächlich die Aktivität von Hirnarealen in bestimmten Situationen sichtbar zu machen. Man kann also dem Gehirn „bei der Arbeit zusehen“. Weitere Infos zu Forschungsprojekten, die diese Technik nutzen, um z.B. die Schmerzsteuerung besser zu verstehen, unter Projekt A02 und Projekt A01.
Botenstoff (Neurotransmitter) des zentralen Nervensystems, der zum Beispiel Motivation und Antrieb steuert. Dopamin wirkt im Belohnungszentrum des Gehirns und beeinflusst dort vermutlich u.a. auch die Schmerzwahrnehmung.
Untersuchung, in der weder die StudienteilnehmerInnen noch die VersuchsleiterInnen wissen, wer eine zu testende Substanz (z.B. ein neues Medikament) und wer das Placebo (also eine wirkungslose Tablette) bekommt. Typische Anwendung in klinischen Studien zur Wirksamkeit von Medikamenten. Durch eine Doppelblind-Studie soll vermieden werden, dass VersuchsleiterInnen gewisse negative oder positive Erwartungen an die TeilnehmerInnen weitergeben und umgekehrt. Somit wird eine Beeinflussung der Studienergebnisse durch Erwartungen minimiert. Das ist in der Phase der Medikamentenentwicklung und -prüfung wichtig, in der die grundsätzliche Wirksamkeit einer neuen Substanz oder eines neuen Verfahrens untersucht wird. Weitere Infos erhalten Sie auf dieser Webseite.
Weitere Informationen über die Bedeutung klinischer Studien finden Sie hier.
Untersuchung, bei der nur den StudienteilnehmerInnen nicht mitgeteilt wird, welche Substanz sie erhalten haben (das echte Medikament oder das Placebo). Den VersuchsleiterInnen hingegen ist die Zuordnung bekannt.
Wenn entweder Versuchsleiter oder Teilnehmer während einer Doppelblind- oder Einfachblind-Studie herausfinden, welche Substanz verabreicht wurde, und dies der jeweils anderen Partei kommunizieren. Dies kann z.B. durch das Auftreten von starken Nebenwirkungen geschehen, bei der TeilnehmerInnen dann erraten, dass sie das echte Medikament bekommen haben (siehe oben wieder verlinken zu den klinischen Studien). In vielen Studien ist aber auch von Beginn an vorgesehen, dass jeder am Studienende erfährt, in welcher Gruppe er war.
Eine von der Studienleitung durchgängig kontrollierte Studie zur Prüfung einer „Wenn-Dann-Hypothese“. Hierbei wird z.B. ein bereits ausreichend getesteter Wirkstoff verabreicht, um zu überprüfen, wie dieser sich auf Wahrnehmung oder Verhalten in bestimmten Aufgaben auswirkt. Dies kann entweder in einem Zwischen-Subjekt-Design (separate Experimentalgruppe mit Wirkstoff und Kontrollgruppe ohne Wirkstoff) oder in einem Inner-Subjektdesign (alle Teilnehmenden bekommen in einer Sitzung den Wirkstoff, und in einer zweiten, separaten Sitzung nicht) realisiert werden. Am Ende werden die Effekte in beiden Bedingungen (mit und ohne Wirkstoff) gemessen und miteinander verglichen. Es werden systematisch Einflussfaktoren, Mechanismen wie z.B. Aufmerksamkeit, Lernvorgänge, Angst, Erwartung oder ähnliches, und die Rahmenbedingungen variiert. Dann zeigt sich wie sich das auf das Verhalten oder die Gehirnaktivität auswirkt. Man bezeichnet Studien, in denen die Wirksamkeit, Wirkweise oder unerwünschte Wirkungen von Medikamenten geprüft werden als „klinische Prüfung“. Lesen Sie dazu auch diesen Artikel.
fMRT, auch „Kernspin“ genannt, unterscheidet aktive Bereiche des menschlichen Gehirns von inaktiven. Hierbei wird der gesteigerte Blutfluss zu Hirnregionen als Indikator für Gehirnaktivität, also stärkere „Nutzung“ dieser Region, herangezogen. Dadurch lässt sich beobachten, welche Hirnareale auf bestimmte Reize mehr reagieren als andere. Diese Form der Bildgebung kann auch verdeutlichen, wo der Placeboeffekt im Gehirn abläuft.
Bezeichnung für Behandlungen, die auf ihrem jeweiligen Gebiet als optimal und den Leitlinien entsprechend gelten und die das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis haben. Das können altbewährte Verfahren sein oder neue, die eine Therapie revolutionieren.
Experimentelle oder theoretische Wissenschaft, die nach neuen Erkenntnissen sucht, konkrete Anwendungen sind dabei zunächst zweitrangig. Grundlagenforschung schafft ganz generell Elementarwissen für weitergehende angewandte Forschung. In der medizinischen Grundlagenforschung soll etwa die Basis für die Heilung von Krebs, Alzheimer, Autoimmunerkrankungen, Depressionen, chronische Schmerzen gelegt werden. Innerhalb des Sonderforschungsbereichs Treatment Expectation geht es z.B. darum, genau zu verstehen, welche Hirnareale auf welche Art und Weise kommunizieren oder welche Signalketten gestört sind, wenn Menschen etwa chronische Schmerzen oder eine Depression entwickeln. Immer häufiger zeigt sich dabei, dass sehr schnell zwischen experimenteller Forschung (im Labor oder an einem Tiermodell) und klinischer Forschung gewechselt wird, um Ansätze zu überprüfen. Das nennen Wissenschaftler „translational“.
Eine übermäßige Schmerzempfindlichkeit. Dabei sind die Schmerzrezeptoren im Nervensystem überempfindlich, etwa durch körpereigene Stoffe, die z.B. bei einer Entzündung vom Gewebe freigesetzt werden. Die Schmerzschwelle sinkt, und Schmerzreize wie Druck, Hitze oder Kälte lösen stärkere Schmerzsignale aus als üblich.
In erster Linie Medikamenten- oder Therapiestudie mit einer größeren Zahl von PatientInnen. Sie folgt bei neuen Wirkstoffen auf die erfolgreichen Labor- und Unbedenklichkeitsstudien. Neben der Wirksamkeit und der Dosisfindung stehen nun auch die wahrscheinlichen und möglichen Nebenwirkungen im Zentrum. Lesen Sie dazu auch die genauen ethischen Voraussetzungen, unter denen klinische Studien durchgeführt werden.
Da der Teilnehmende an der Studie in der Regel nicht weiß, ob er im Studienarm mit dem Wirkstoff oder im Placeboarm behandelt wird, nennt man eine solche klinische Studie "verblindet". Auch die Erwartung der ÄrztInnen oder VersuchsleiterInnen spielen eine Rolle. Daher wissen in vielen Studien auch behandelnde ÄrztInnen und Versuchsleitende nicht, in welcher Behandlungsgruppe sich die PatientInnen oder VersuchsteilnehmerInnen befinden. Diese Studien bezeichnet man als "doppelblind". Die Zuordnung in die Behandlungsarme erfolgt nach dem Zufallsprinzip (randomisiert).
Lernen, das auf der Koppelung eines Reizes mit einer Reaktion beruht. Berühmtes Beispiel ist der „Pawlowsche Hund“: Zusammen mit einem Glockenton wurde ihm immer wieder Futter präsentiert, auf die der Hund mit starkem Speichelfluss reagierte. Später tat er das auch, wenn nur noch das Klingeln ertönte. Funktioniert beim Menschen im Prinzip genauso, z.B. wird das Einnehmen eines Schmerzmedikaments mit Schmerzreduktion verbunden.
Alle nicht erwünschten Effekte eines Arzneimittels oder einer Therapie. Für Medikamente müssen alle bekannten Nebenwirkungen im Beipackzettel aufgelistet sein, auch wenn sie nur in sehr seltenen Fällen bisher aufgetreten sind. Bei einer medizinischen Behandlung muss die ÄrztIn* darauf hinweisen, es sei denn, der Patient* entbindet den Arzt* von dieser Informationspflicht. Ob und wie stark unerwünschte Effekte bei einer Therapie auftreten, hängt nicht zuletzt von der Erwartungshaltung der PatientInnen ab. Wer Schmerzen erwartet, wird sie mit einer größeren Wahrscheinlichkeit auch bekommen. Lesen Sie dazu auch den Beitrag „Was sind unerwünschte Wirkungen"?
Biochemische Substanzen, die im Nervensystem Informationen transportieren, sie an andere Zellen weitergeben und so zahlreiche Funktionen anregen.
Naturwissenschaft, die sich mit dem Aufbau, der Funktion von Nervenzellen (Neuronen) und dem Nervensystem beschäftigt. Sie erforscht, wie Lebewesen Informationen aus ihrer Umwelt aufnehmen und verarbeiten.
Übersetzt heißt der Begriff „Ich werde schaden“. Eine wirkungslose Substanz die negative Erwartungen und somit Symptome wie unerwünschte Nebenwirkungen fördert. Im Gegensatz zum Placebo gibt es kein Scheinmedikament mit offen schädlicher Wirkung. Viele spezifische Erklärungen finden Sie hier. Der Noceboeffekt ist das Gegenteil des Placeboeffekts. Im ursprünglichen Sinn bezeichnet der Begriff die Verschlechterung des Befindens nach der Gabe eines Scheinmedikaments. Im weiteren Sinn umfasst der Begriff die Effekte von negativen Erwartungen an ein Medikament oder eine Behandlung, etwa die Erwartung von Schmerzen oder der Zweifel an der Wirksamkeit einer Behandlung. Der Effekt ist neurobiologisch messbar, aber individuell unterschiedlich, hängt von verschiedenen Faktoren ab wie etwa den Symptomen, dem Krankheitszustand, der Behandlung und Persönlichkeitsfaktoren. Auch Studien im Rahmen des Sonderforschungsbereichs Treatment Expectation erforschen den Noceboeffekt Projekt A10 und Projekt A15.
In unserem Erklärfilm beschreiben wir die Wirkung eines potenten Schmerzmedikaments unter mit positiver, neutraler und negativer Erwartung. Dabei wird der machtvolle Noceboeffekt besonders deutlich.
Im Gegensatz zu klinischen Studien, in denen die PatientInnen nicht wissen, ob sie das Placebo oder die echte Behandlung bekommen, werden Patienten bei der Behandlung mit sogenannten Open-Label-Placebos (OLP) über das Wesen der Placebobehandlung informiert, und sie wissen auch, dass sie mit Placebos behandelt werden. Verblüffend ist: Mehrere unabhängige Studien weisen bei verschiedenen Erkrankungen darauf hin, dass sich eine solche OLP-Behandlung positiv auf z.B. das Schmerzempfinden, die körperliche Funktionsfähigkeit und die Lebensqualität auswirken kann. Auch für andere Indikationen wie Depression oder chronische Erschöpfung (sogenanntes. Fatigue-Syndrom) gibt es ermutigende Befunde. Daher wird aktuell intensiv erforscht, wie die OLPs wirken, welche PatientInnen ganz besonders davon profitieren und wie man sie in der klinischen Routine einsetzen könnte.
Sammelbegriff für natürliche Substanzen, die im Schlafmohn vorkommen, oder künstlich hergestellte Substanzen, die vor allem bekannt sind für ihre schmerzreduzierenden Eigenschaften. Opioide hemmen gezielt die Schmerzübertragung, vor allem in Gehirn und Rückenmark. Am bekanntesten ist Morphin (früher: Morphium).
Übersetzt heißt der Begriff „Ich werde gefallen“. Placebo bezeichnet eine Arznei ohne Wirkstoff oder eine Scheintherapie, die sich aber „echt“ anfühlt. Placebos werden in erster Linie in klinischen Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit neuer Medikamente eingesetzt. Erforscht wird derzeit, wie sich Placebos gezielt in der Therapie einsetzen lassen, um z.B. die Wirkung von echten Medikamenten zu verbessern.
Eine positive körperliche oder psychische Veränderung nach der Einnahme von Medikamenten ohne jeglichen Wirkstoff (Placebos) oder nach einer Scheinbehandlung, wie z.B. einer simulierten Operation oder einer Infusion mit einer einfachen Kochsalzlösung. Aber auch bei konventionell verordneten, etwa pharmakologisch wirksamen Therapien spielt der Placeboeffekt eine Rolle. Er ist neurobiologisch messbar, aber individuell unterschiedlich ausgeprägt und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Diese beschreibt sämtliche Besserungen, die im Placeboarm einer randomisierten kontrollierten Studie beobachtet werden. Sie setzt sich zusammen aus dem natürlichen Verlauf der Erkrankung und der vom Patienten* selbst getriggerten Reaktion (Placeboeffekt).
StudienteilnehmerInnen* werden nach dem Zufallsprinzip unterschiedlichen Testgruppen zugeordnet, z.B., wer das echte Medikament und wer das Scheinmedikament (Placebo) bekommt. So sollen personenbezogene Faktoren (wie Alter, Geschlecht, Bildung etc.) gleichmäßig verteilt und als zusätzliche Einflüsse auf das Studienergebnis ausgeschlossen werden. Die randomisierte Placebo-kontrollierte Doppelblind-Studie gilt als der Königsweg für unverfälschte Ergebnisse klinischer Studien.
Eine Vorhersage, die sich selbst erfüllt, wenn wir ein bestimmtes Ergebnis erwarten. Wir tragen dann wir selbst dazu bei, dass es auch eintritt. So bestätigen sich Erwartungen. Wenn PatientInnen z.B. pessimistisch gegenüber einer neuen Therapie sind, wird diese auch weniger gut wirken.
Alle Teile des Nervensystems, die bei der Entstehung von Schmerzen beteiligt sind. Dazu gehören Komponenten im peripheren Nervensystem (Rezeptoren und Fasern für die Wahrnehmung von Schmerz), Rückenmark, Hirnstamm und verschiedenen Hirnarealen (Thalamus, Hypothalamus, limbisches System und Neocortex). Dieses Zusammenspiel bewirkt eine Vielfalt unterschiedlicher und individueller Schmerzwahrnehmungen.
Ein Reiz, der eine Reaktion auslöst, z.B. ein weißer Arztkittel, der Angst bei Kindern hervorruft (die sogenannte Weißkittel-Angst).
Alle physischen und psychischen Reaktionen auf ein Medikament oder eine Behandlung, die nicht beabsichtigt sind und die erwünschte Wirkung beeinträchtigen. Weitere Infos finden Sie in dem ausführlichen Beitrag „Was sind unerwünschte Wirkungen"?