Aktuelles

Ständig gibt es Neues zu berichten: Die beteiligten Teams des SFB/TRR 289 suchen MitarbeiterInnen oder StudienteilnehmerInnen, halten Vorträge und publizieren ihre Ergebnisse. Nehmen Sie am wissenschaftlichen wie öffentlichen Diskurs teil. Von Studienaufrufen über Berichte in den Medien bis hin zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen – hier entdecken Sie, was den Sonderforschungsbereich „Treatment Expectation“ aktuell beschäftigt.

Gestapelte Hände – Tag der Selbsthilfe – SFB 289 Treatment Expectations

„Die Perspektive der Betroffenen bereichert unsere Forschung“

Die Forschungsprojekte des SFB 289 „Treatment Expectation“ zielen darauf ab, medizinische Behandlungen durch die gezielte Berücksichtigung von Erwartungen besser zu machen. Dafür ist es absolut notwendig, die Patientenperspektive einzubeziehen: Nur so kann es gelingen, die Forschung so relevant, sinnvoll und wirkungsvoll wie möglich zu gestalten. Das gelingt mit der Hilfe des neuen Patientenbeirats, in den mehrere Selbsthilfeorganisationen mitwirken.  

„Der Patentenbeirat hat die Aufgabe, unsere Forschungsvorhaben aus der Betroffenenperspektive zu begleiten und zu bereichern“, erklärt Meike Shedden Mora, die Koordinatorin des englisch Patient Advisory Board (PAB) genannten Gremiums. Die Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Medical School Hamburg und Forschungsleiterin im SFB trifft sich regelmäßig mit den Mitgliedern des PABs und vermittelt deren Unterstützung an die einzelnen Projekte. 

„In unserem Patientenbeirat bringen wir eine große Vielfalt unterschiedlicher Perspektiven und Erfahrungen zusammen. Dies ist wichtig, da unser Forschungsthema, also Behandlungserwartungen, ja grundsätzlich für jede Art von Behandlung relevant ist“, sagt Shedden Mora. Einige der mehr als ein Dutzend Mitglieder repräsentieren Patientenorganisationen, andere bringen ihre Expertise aus persönlichen Erfahrungen mit unterschiedlichen Behandlungen ein.

Selbsthilfeorganisationen bringen einen wichtigen Wissensschatz ein

Eines dieser Mitglieder ist Sonja Arens. Sie ist Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und deren Angehörigen (BAG SELBSTHILFE e. V.) und bringt damit die Sicht von insgesamt 119 Selbsthilfeverbänden und 13 Landesarbeitsgemeinschaften in den SFB ein: „Ein Wissensschatz, der die Erforschung der Behandlungserwartung qualifiziert mitgestalten kann“, betont Arens. 

Heike Norda, Vorsitzende der Unabhängigen Vereinigung aktiver Schmerzpatienten Deutschland (UVSD) SchmerzLOS e. V., ergänzt: „Gemeinschaftliche Selbsthilfe, bei der man sich mit ähnlich Betroffenen austauscht, ist eine etablierte Säule in unserem Gesundheitssystem. Gerade bei chronischen Erkrankungen wie etwa chronischen Schmerzen profitieren viele vom Erfahrungsschatz der anderen. Ich merke, dass ich nicht allein mit meinen Fragen und Problemen bin. Die anderen Akteure im Gesundheitswesen sollten mit der Selbsthilfe rechnen und auf Augenhöhe kommunizieren.“

Tatsächlich ist die strukturierte Einbeziehung der Patientenperspektive in der medizinischen Forschung noch nicht weit verbreitet. Ein Fehler, wie Prof. Shedden Mora meint: „In Deutschland steckt die direkte Patientenbeteiligung an Forschung noch in den Kinderschuhen. Aber viele Forschende erkennen mehr und mehr ihre große Bedeutung und ihr Potenzial für die Wissenschaft. Unser Patientenbeirat ist damit wegweisend in unserem Forschungsfeld.“ 

Warum Selbsthilfe so wichtig ist

Am 16. September 2025 haben die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (DAG SHG) und die Nationale Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (NAKOS) gemeinsam einen jährlich wiederkehrenden Tag der Selbsthilfe ins Leben gerufen. Ziel des Aktionstages ist es, die vielfältigen Angebote sichtbar und die positiven Wirkungen der Selbsthilfe noch bekannter zu machen. Diese Strukturen können Betroffenen Halt geben: In Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen erleben Menschen gegenseitige Achtung, Offenheit und Vertrauen.

Nicole Baumann, Vorstandsmitglied UVSD SchmerzLOS e. V. und ebenfalls Teil des PAB im SFB 289, erläutert: „Der Austausch an Erfahrungen aus der eigenen Betroffenheit heraus gibt dem Einzelnen Halt und wirkt der Vereinsamung in unserer Gesellschaft entgegen. Betroffene werden durch die Gruppe aufgefangen – aber Selbsthilfe vertritt auch die Interessen der Betroffenen nach außen.“

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Eine Frau massiert sich die Kopfhaut: Wie Placeboeffekte Kopfschmerz-Therapien verbessern können

Placebo-Effekte nutzen, um Kopfschmerz-Therapien zu verbessern

In Deutschland leiden rund 70 Prozent der Menschen entweder unter vorübergehenden oder anhaltenden Kopfschmerzen, 20 Prozent unter Migräne. Prof. Ulrike Bingel, die Leiterin des Zentrums für Schmerzmedizin am Universitätsklinikum Essen, erklärt, wie Behandlungserwartungen die Wirkung von Therapien gegen Kopfschmerzen verbessern können: „Zu jeder wirksamen medikamentösen Therapie kommt auch der Placebo-Effekt. Und dieser kann erstaunliche Folgen haben.“

So konnte die Privatdozentin Dr. Katharina Schmidt von der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen zeigen, dass eine positive Erwartung an eine Migräneprophylaxe das Ansprechen auf die Therapie verbesserte. Vor allem wer vorher gute Erfahrungen mit Behandlungen gemacht hatte, erlebte so eine deutliche Reduzierung der Symptome.

Ibuprofen wirkt besser mit den richtigen Informationen

Im August 2025 belegte eine weitere Studie, dass Kommunikation die Wirkung von Ibuprofen verstärkt, eine in niedriger Dosierung frei verkäufliche Gruppe von Medikamenten, die Betroffene häufig gegen Kopfschmerzen nutzen. Ibuprofen wirkt schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend. Eine Arbeitsgruppe um den Psychologen Prof. Sven Benson, Leiter des Instituts für Didaktik in der Medizin am Universitätsklinikum Essen und Projektleiter im Sonderforschungsbereich (SFB )„Treatment Expectation“ (Behandlungserwartung) belegte, dass sich der Therapieerfolg mit Ibuprofen durch positive Erwartungen verbessern lässt. In der Studie ging es um Symptome, die man typischerweise während einer systemischen Entzündungsreaktion empfindet, etwa bei einem Infekt oder nach einer Impfung. Das Ibuprofen wurde den Probanden mit positiv erklärenden Worten über die guten Wirkeffekte gegeben. Das Ergebnis: Die daraufhin positive Therapierwartung beeinflusste die Wirkung des entzündungshemmenden Medikaments positiv.

 „Unsere Studienergebnisse bedeuten, dass Informationen, die von einer Ärztin oder einem Arzt auch zu einem weit verbreiteten Medikament wie Ibuprofen gegeben werden, die Wirksamkeit des Medikaments verstärken können“, zieht Prof. Benson das Resumée.

„Das zeigt, dass wir dringend umdenken müssen bei medikamentösen Therapien. Denn wie wirksam eine Behandlung ist, hängt nicht nur von dem Wirkstoff ab, sondern auch von der Erwartungshaltung des Patienten. Hier liegt ein großes, bislang wenig genutztes Potential für die Optimierung und Personalisierung von medizinischen Behandlungen“, erklärt die Sprecherin des SFBs „Treatment Expectation“, Prof. Ulrike Bingel.

Auszüge aus einem längeren Gespräch mit Prof. Bingel über die Wirkung von Placebo-Effekten bei der Einnahme von Schmerzmitteln finden Sie hier.

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Prof. Johannes Laferton

Prof. Johannes Laferton: „Patienten mit positiven Erwartungen haben bessere Operationsergebnisse“

Wie können wir die Erwartungen von Behandelten optimieren, um den Erfolg von Therapien zu steigern? An dieser Frage forscht Prof. Dr. Johannes Laferton. Dabei arbeitet er auch mit Teams aus unserem SFB zusammen – und ist deshalb als neues assoziiertes Mitglied in unserem Forschungsverbund höchst willkommen. Im Interview erklärt er seine aktuellen Projekte.

Erwartungen sind ein wesentlicher Wirkmechanismus von Placebo- und Noceboeffekten und damit ein vielfach belegter Einflussfaktor für den Erfolg medizinischer Behandlungen. Prof. Dr. Johannes Laferton, seit 2020 Professor für Medizinische Psychologie und Psychologischer Psychotherapeut an der damals neu gegründeten HMU Health and Medical University Potsdam, erforscht seit langem, wie sich die Erwartungen von Patienten und Patientinnen optimieren lassen.

Im Juni 2025 initiierte Laferton einen gemeinsamen, vielbeachteten Beitrag mit Prof. Meike Shedden Mora und Prof. Winfried Rief aus dem SFB 289 „Treatment Expectation“ für das Journal of the American Medical Association (JAMA). Im Rahmen der Serie „JAMA Insights – Communicating Medicine“ erläutern die drei Forschenden darin vier evidenz-basierte Kommunikationsstrategien, mit denen Behandelnde positive Erwartungseffekte konkret fördern können.

Prof. Laferton ist neues assoziiertes Mitglied im SFB 289. Mit seiner Forschung bringt er gleich mehrere Anknüpfungspunkte zu bestehenden Projekten des SFB 289 mit: etwa zu den Projekten A09 und A15 bei antidepressiven Behandlungen und A13 zum Thema Hüftoperationen

 

Prof Johannes Laferton Erwartungsoptimierung SFB289

Erwartungsoptimierung als Forschungsschwerpunkt: Prof. Johannes Laferton über seine aktuellen Forschungsschwerpunkte

Wie beeinflussen die Erwartungen von Patienten und Patientinnen den Erfolg von Behandlungen mit Antidepressiva oder den Genesungsprozess nach einer Knie-OP? Wie wirken sich Therapien wiederum auf Erwartungen aus? Und wie können Behandelnde positive Erwartungen stärken, um die Erfolgschancen von Therapien zu vergrößern? Im Spannungsfeld zwischen diesen Fragen forscht Johannes Laferton an der HMU Health and Medical University Potsdam.

Professor Laferton, woher kommt Ihr Interesse an dem komplexen Feld „Erwartungsoptimierung“?

Es ist für mich eine der zentralen Fragen, wie wir als Therapeuten und Therapeutinnen helfen können, dass Patienten und Patientinnen zu einer positiveren Erwartungshaltung finden. Ich habe bereits in der PSY-Heart Studie bei Prof. Winfried Rief in Marburg mitgearbeitet. Dort konnten wir zeigen, dass man mit einfachen psychologischen Interventionen bei Patienten vor einer Herzoperation die Erwartungen optimieren und dadurch den Behandlungserfolg zusätzlich steigern kann. Das war bereits 2017 ein gutes Beispiel dafür, welch großen Einfluss das Thematisieren der individuellen Behandlungserwartungen bei Patienten und Patientinnen haben kann.

Sie haben einen Posterpreis auf der SIPS in Krakau für ihr Projekt „Dynamiken von PatientInnen-Erwartungen in der Antidepressiva-Behandlung“ gewonnen. Was ist der entscheidende Aspekt?

In der Vergangenheit wurden die Erwartungen im Rahmen von Antidepressiva-Behandlungen fast ausschließlich in randomisiert kontrollierten Studien erhoben. Häufig wurden Erwartungen dabei nur einmal, am Anfang oder am Ende der Behandlung, erfragt. Dadurch ist es bis heute schwierig, erstens das genaue Zusammenspiel zwischen der Antidepressiva-Behandlung und den Erwartungen und zweitens den Zusammenhang zwischen den Erwartungen und dem Behandlungseffekt von Antidepressiva-Behandlungen in der klinischen Praxis genauer zu verstehen.

Ziel unserer neuen Studie ist es, Aspekte der Antidepressiva-Behandlung wie die Symptomveränderung, Nebenwirkungen, Interaktion mit den BehandlerInnen und Behandlungserwartungen wiederholt über den Verlauf zu erfassen und dadurch deren gegenseitige Dynamik genauer zu verstehen.

Haben Sie eine Hypothese?

Hypothese 1 ist: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Veränderung von Erwartungen und dem Verlauf der depressiven Symptomatik und der Nebenwirkungen im Rahmen der Antidepressiva-Behandlung. Hypothese 2 ist: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Verlauf von depressiver Symptomatik und Nebenwirkungen mit der Veränderung der Erwartungen im Rahmen der Antidepressiva-Behandlung. Und Hypothese 3 ist: Die positive Behandler-Patienten-Interaktion hängt zusammen mit Erwartungen und dem Verlauf von depressiver Symptomatik und Nebenwirkungen im Rahmen der Antidepressiva-Behandlung.

Das klingt kompliziert. Ist das eine Henne-Ei-Fragestellung?

Ja, im Prinzip schon. Gibt es von Tag zu Tag Veränderungen in der Erwartung, und hängen diese Veränderungen mit therapeutischen Verbesserungen oder Verschlechterungen zusammen? Oder auch mit der Kommunikation zwischen TherapeutInnen und PatientInnen? Zu diesem Zusammenspiel gibt es in der normale Routineversorgung bei der Antidepressiva-Behandlung noch kaum Forschung. Wir nutzen dazu eine Handy-App, in der Patienten und Patientinnen jeden Abend in zwei bis drei Minuten Fragen zu Erwartungen, depressiven Beschwerden und Nebenwirkungen beantworten. Etwa 100 Patienten und Patientinnen werden so einbezogen.

Welche Konsequenzen können ihre Ergebnisse haben?

Wenn wir das genaue Zusammenspiel von Erwartungen, Behandlungserfolg und Nebenwirkungen bei der Antidepressiva-Behandlung besser verstehen, kann uns das helfen, Interventionen zur Erwartungsoptimierung gezielter einzusetzen. Entweder in dem man den Behandelnden bestimmte Kommunikationsstrategien zur Erwartungsoptimierung vorschlägt oder in dem man versucht, direkt die Erwartungen der Patienten zum Beispiel über digitale Gesundheitsanwendungen zu adressieren.

In einem neuen Projekt, das gerade anläuft, untersuchen Sie verschiedene Patientengruppen vor einer Kniegelenksersatz-Operation. Was wollen Sie genau herausfinden?

Wir wollen wissen, wie man mit verschiedenen Techniken die Behandlungserwartung bei Kniegelenksersatz-Operationen optimieren kann. Bei jeder Therapie überlegt ja ein Patient vorab: Ist das die richtige Therapie, wie wird sie bei mir wirken, werde ich Nebenwirkungen haben, wie schnell wird es mir dann besser gehen? Das gilt für psychische Beschwerden genauso wie für primär körperlichen Beschwerden.

Die Kniegelenksersatz-Operation ist einer der häufigsten chirurgischen Eingriffe weltweit. Vielen Patienten und Patientinnen geht es nach der Operation deutlich besser, aber zehn bis 20 Prozent der Operierten sind nicht mit dem Ergebnis zufrieden oder haben auch nach der OP weiterhin chronische Schmerzen. Aus bisherigen Studien wissen wir, dass die Erwartungen von Patienten und Patientinnen vor der Knieoperation im Zusammenhang mit dem Operationserfolg stehen: Personen mit positiven Erwartungen haben auch bessere Operationsergebnisse.

Unsere Frage ist nun: Kann man diese Erwartungen vor der Knieoperation konkret adressieren, um damit das Operationsergebnis noch weiter zu verbessern? Dafür wollen wir in einem ersten Schritt geeignete Kommunikationsstrategien testen. Hierfür bekommen in einer Machbarkeitsstudie Patienten, die zur Knie-OP angemeldet sind, von uns das Arbeitsheft „Mein OP-Coach“, mit dem sie sich zu realistisch-positiven Erwartungen bezüglich der Operation und dem Leben danach informieren können. Zusätzlich führen wir im Anschluss an jedes der drei Kapitel im Arbeitsheft ein etwa 30-minütiges Gespräch per (Video-)Telefonie, um gemeinsam mit den Patienten und Patientinnen personalisierte, realistisch-positive Erwartungen zu entwickeln. Ergebnisse erwarten wir 2026. Wenn die Erwartungsoptimierung von den Patienten und Patientinnen als hilfreich bewertet wird, wollen wir in einer größeren Studie untersuchen, ob sich damit auch das Operationsergebnis weiter verbessern lässt.

 

Link zur JAMA Publikation:

Laferton JAC, Rief W, Shedden-Mora M. Improving Patients’ Treatment Expectations. JAMA. Published online June 04, 2025. doi:10.1001/jama.2025.6261

https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2834861

 

Im Podcast mit Prof. Johannes Laferton erfahren Sie weitere Details:

JAMA Podcast Clinical Reviews – Prof. Laferton im Gespräch

https://jamanetwork.com/journals/jama/pages/jama-clinical-reviews

 

 

Vulvodynie: Ausstellung

Vulvodynie – mehr Aufklärung und bessere Kommunikation für eine kaum bekannte Krankheit

Ein chronisches Brennen, Stechen oder Jucken im Bereich der Vulva, ohne klare Ursache – und das monatelang, oft sogar über Jahre hinweg: Vulvodynie ist extrem belastend. Der Sonderforschungsbereich 289 „Treatment Expectation“ setzt sich dafür ein, die Öffentlichkeit besser über diese Krankheit zu informieren – und die Therapien für die Betroffenen effektiver zu gestalten.

Zwischen fünf und zehn Prozent aller Frauen leiden im Laufe ihres Lebens unter unerträglichen Schmerzen im äußeren Genitalbereich. Für viele von ihnen werden selbst alltägliche Aktivitäten wie Fahrradfahren unmöglich. In Deutschland bleibt die Diagnose Vulvodynie oft jahrelang unerkannt. Betroffene erleben nicht nur körperliche, sondern auch psychosoziale Belastungen. In der breiten Öffentlichkeit ist die Krankheit weitgehend unbekannt, und die Betroffenen kämpfen um Anerkennung und adäquate Unterstützung.

Wenn die Diagnose schließlich gestellt wird, stehen viele Betroffene vor der Aufgabe, sich selbst intensiv über die Krankheit zu informieren, da sie auf ihrem Heilungsweg häufig auf sich allein gestellt sind. Zwar existiert ein multimodaler Behandlungsansatz, doch seine Wirksamkeit ist so individuell, dass unklar bleibt, was letztlich Linderung verschafft. Eine solche Situation kann negative Erwartungen befördern – und damit Therapieversuche erschweren. 

Vulvodynie: Schmerzen im Intimbereich sind ein großes Tabu 

Die Fotografin Celia Joy Homann hat es sich zum Ziel gesetzt, die Öffentlichkeit besser für die dauerhaften Schmerzen im Intimbereich sensibilisieren. Im Rahmen ihrer Examensarbeit hat sie eine Ausstellung entworfen, die das Thema Vulvodynie enttabuisieren soll und Anregungen dafür bietet, die Kommunikation zwischen Behandelnden und Patientinnen zu verbessern. Ihr künstlerisch fotografischer Ansatz beschreibt eine neue Dimension, Information über chronische Schmerzen zu transportieren, und fördert die Aufklärung über chronische Schmerzen im Intimbereich. 

Der SFB 289 unterstützt Homanns Fotoprojekt, das im August 2025 als Ausstellung in Dortmund zu sehen war. Begleitend erscheint ein Fotobuch mit Interviews von Betroffenen sowie Beiträgen von Ärzten und Ärztinnen aus verschiedenen therapeutischen Fachbereichen.

 Vulvodynie Fotoprojekt SFB289

Fotoprojekt zur Vulvodynie: Im Interview erklärt die Fotografin ihren Kommunikationsansatz

In ihrer fotografischen Arbeit widmet sich Celia Joy Homann der noch wenig bekannten Diagnose Vulvodynie. Ihre Bilder machen einen Schmerz sichtbar, der in unserer Gesellschaft kaum benannt wird. Durch intime Porträts und atmosphärische Bildwelten entsteht ein visueller Raum, in dem das Unsichtbare eine greifbare Form annimmt. Ziel der Arbeit ist es, Bewusstsein zu schaffen und das Tabu rund um chronische Schmerzen im Intimbereich zu durchbrechen.

Frau Homann, was war für Sie der Auslöser, sich mit dem Thema Vulvodynie auseinanderzusetzen?

Die Idee, ein Projekt über Vulvodynie zu realisieren, entstand aus dem Wunsch, das Thema zu öffnen und sichtbarer zu machen. Es hat mich schockiert zu erfahren, dass es Vulvodynie gibt, so viele Frauen betroffen sind – und dennoch so wenig darüber bekannt ist. Auch wenn sich Themen rund um die Vulva inzwischen stärker öffnen und viele über Vaginismus oder Endometriose informiert sind, wusste kaum jemand, was Vulvodynie ist – mich eingeschlossen.

Was war Ihr erster Impuls für die künstlerische Umsetzung?

Wenn man sich online über Vulvodynie informieren möchte, stößt man fast immer auf Artikel, die mit einem ähnlichen Bild als Aufmacher versehen sind. Meist zeigen diese Bilder Frauen, die sich den Bauch halten und einen schmerzverzerrten Ausdruck haben – als wäre ihnen übel. Diese Art der Darstellung empfand ich als unpassend. Denn: Die Schmerzen sitzen nicht im Bauchraum, sondern an der Vulva – außen, sowie im Eingangsbereich.

Ich habe mir eine Bildsprache gewünscht, die präziser und fühlbarer beschreibt, wie sich diese Schmerzen äußern. Eine visuelle Sprache, die das Problem mutig zeigt – ohne ins Vulgäre oder Schambesetzte abzurutschen. Eine Sprache, die den Erfahrungen gerecht wird und in der sich Betroffene wiederfinden können.

Aus dem Fehlen solcher Darstellungsformen von weiblichen Schmerzen entstand mein erster Impuls: eine neue Bildwelt zu entwickeln, die nicht nur „zeigt", sondern „fühlen" lässt.

Was haben Sie aus den Gesprächen mit Betroffenen mitgenommen?

Viele Frauen haben einen langen und einsamen Leidensweg hinter sich, bevor sie Hilfe finden und Worte für ihre Schmerzen haben. Die meisten hatten es satt, dass niemand über Vulvodynie Bescheid weiß – und wollten ihre Geschichte teilen, um Bewusstsein zu schaffen und anderen zu helfen. Dabei wurde deutlich: Jede Betroffene empfindet den Schmerz anders, hat ihren eigenen Umgang damit und einen individuellen Verlauf, wann und wodurch es besser wird. Eine zentrale Botschaft aus den Gesprächen lautete: „Sei gut zu dir. Behandle dich selbst liebevoll." Entspannung – im Körper wie im Alltag – spielt für viele eine große Rolle. Und mehreren Interviewpartnerinnen hilft die Einnahme von Probiotika.

Was wünschen Sie sich im Umgang mit dem Thema – gesellschaftlich und medizinisch?

Mehr Sichtbarkeit und Offenheit. Schmerzen an der Vulva dürfen kein Tabuthema sein. Ich möchte den Diskurs über Vulvodynie öffnen und das Wort „Vulvodynie" stärker verbreiten. Alle sollten wissen, worum es sich handelt – um Betroffene ernst nehmen, zuhören und angemessen reagieren zu können. Es braucht offene Räume für das Thema – auch in gynäkologischen Praxen. Ich wünsche mir, dass Betroffene schneller Hilfe bekommen und ihnen besser zugehört wird. Dass sie sich nicht allein fühlen müssen – sondern Wege finden, sich zu vernetzen und auszutauschen. Ich sehe meine Arbeit als einen wertvollen Beitrag in der medizinischen Kommunikation, der die Öffentlichkeit auf einer anderen Ebene anspricht als die wissenschaftliche Information. Deshalb bin ich auch sehr dankbar, dass der Sonderforschungsbereich „Treatment Expectation“ diesen Ansatz unterstützt. Denn die passende Kommunikation mit den Patientinnen ist für mich ein wesentlicher Beitrag, negative Erwartungseffekte bei den Patientinnen zu vermeiden.

 

Neue Veröffentlichung: Ibuprofen wirkt noch besser mit den richtigen Worten

Dass Placeboeffekte Krankheitssymptome lindern können, ist bekannt: Aus diesem Grund sollten zum Beispiel neue Arzneimittel immer im Vergleich zu einer Placebo-Behandlung getestet werden, um ihre tatsächliche Wirksamkeit zu ermitteln. Doch auch eine bekanntermaßen wirksame Therapie kann noch verbessert werden, wenn die Behandelnden gezielt positive Erwartungen an den Wirkstoff wecken. Das haben Forschende aus dem SFB/TRR 289 "Treatment Expectation" in einer experimentellen Studie gezeigt.

Insgesamt 124 gesunde Freiwillige erhielten in dem Versuch entweder eine Ibuprofen-Behandlung oder ein Placebo, kombiniert entweder mit einer positiven oder neutralen Erklärung durch die behandelnde Ärztin. Allen Teilnehmenden wurde dann die Substanz Lipopolysaccharid injiziert, welche entzündungsbedingte Krankheitssymptome hervorruft. Bis zu sechs Stunden nach der Injektion maßen die Forschenden anschließend mehrere Entzündungsmarker und protokollierten die körperlichen Symptome der Versuchspersonen wie Schmerzen oder Schwellungen, aber auch psychische wie Niedergeschlagenheit oder Krankheitsgefühl.

Positive Erwartungen linderten die Krankheitssymptome – und verstärkten die Wirkung von Ibuprofen

Das Ergebnis: Wie erwartet zeigten die mit Ibuprofen behandelten Personen weniger Entzündungssymptome als jene aus der Placebo-Gruppe. Doch auch eine reine Placebo-Behandlung konnte die Symptome lindern – wenn sie mit einer positiven Erklärung der Ärztin verbunden war. Und die Wirkung von Ibuprofen war noch einmal deutlich größer, wenn die Ärztin zuvor positive Erwartungen an das Medikament geweckt hatte.

Auffällig waren diese Verbesserungen bei Symptomen, die von den Versuchsteilnehmenden selbst berichtet wurden, insbesondere bei den so genannten affektiven, also psychischen Symptomen. Auf die physiologischen Entzündungsmarker hingegen hatte die Erklärung der Ärztin keinen Einfluss – ein Hinweis darauf, dass Erwartungseffekte auf einem anderem Weg wirken als direkt auf die Immunantwort Einfluss zu nehmen.

Diese Studie belegt erstmals, dass Placeboeffekte auch bei Entzündungen den Nutzen aktiver Wirkstoffe steigern können. Für Behandelnde ist das eine wichtige Erkenntnis: Bereits geringe Veränderungen in der Patientenansprache, mit denen eine Therapiemaßnahme positiv besetzt wird, können den Therapieerfolg deutlich steigern.

Neues Buch: Wie Patienten Erwartungseffekte nutzen können

„Sie selbst beeinflussen mit, ob eine Behandlung erfolgreich oder vielleicht auch weniger erfolgreich verläuft” – in ihrem neuen Buch erklären Prof. Sven Benson und Prof. Ulrike Bingel, wie Patienten und Patientinnen die Macht der Erwartung für ihre eigene Gesundheit nutzen können.

Buch Dein Koerper glaubt dir alles quer Tasse web"Dein Körper glaubt dir alles": Wie positive Erwartungen unsere Gesundheit stärken können, verraten Prof. Ulrike Bingel und Prof. Sven Benson in ihrem neuen Buch. (Herbig/Franckh-Kosmos, 22 Euro)

 

Positive Erwartungen können Krankheitssymptome lindern und den Erfolg von Therapien unterstützen. Negative Erwartungen hingegen können das Gegenteil bewirken – und bei Medikamenten zum Beispiel mögliche Nebenwirkungen auslösen oder verstärken. Aber wie entstehen diese so genannten Placebo- und Nocebo-Effekte? Wie wirken sie sich aus? Und auf welche Weise kann dieses Wissen ganz konkret bei Arztbesuchen und Krankheiten helfen? Diese Fragen beantworten die Neurologin Ulrike Bingel und der Psychologe Sven Benson aus dem SFB/TRR 289 „Treatment Expectation” in ihrem Buch „Dein Körper glaubt dir alles – Wie der Placebo-Effekt die Gesundheit stärkt”. 

Erwartungen können eine enorme Wirkung entfalten

Schon in der Antike wussten Gelehrte wie der Philosoph Platon und der Mediziner Galen von Pergamon, dass eine ärztliche Behandlung davon profitiert, wenn die Patientin oder der Patient fest an deren Wirkung glaubt. Archaische Behandlungen, etwa von Medizinmännern oder Schamanen, sind seit Jahrtausenden eng verbunden mit klaren Ritualen, die gezielt positive Behandlungserwartungen wecken – und dadurch bei den Behandelten Selbstheilungskräfte in Gang setzen können.   

Umso erstaunlicher ist es, dass die moderne Medizin nur selten bewusst Gebrauch von diesen Effekten macht. Denn, und diese Feststellung ist Bingel und Benson wichtig: Placebo-Effekte und ihre negativen Gegenstücke, die Nocebo-Effekte, sind keine Einbildung. Sondern sie sind wissenschaftlich gut belegte körperliche Reaktionen auf positive und negative Erwartungen, die auf einer molekularen und neurophysiologischen Ebene nachweisbar sind. „Was wir als Placebo-Effekt und Nocebo-Effekt bezeichnen, geschieht in uns”, schreiben die beiden Experten. Und weiter: „Sie selbst als Patientinnen und Patienten stoßen diese Effekte an.”

Die moderne Medizin muss umdenken – zum Wohl der Patienten

Was jeder und jede Einzelne tun kann, um für die eigene Gesundheit von Placebo-Effekten zu profitieren (und Nocebo-Effekte zu vermeiden), beschreiben Sven Benson und Ulrike Bingel vor dem Hintergrund ihrer Erfahrung als Forschende, aber auch als Behandelnde. Und sie stellen in ihrem Buch auch Forderungen auf: Denn um die Macht der Erwartung wirklich zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu nutzen, muss sich die moderne Medizin an vielen Stellen verändern.

„Was wir brauchen, ist eine wissenschaftlich fundierte Medizin, die die Mechanismen nutzt, die wir aus der Placebo-Forschung kennen”, so Benson und Bingel. Das bedeute unter anderem ein Umdenken in der Medikamentenforschung und neue Impulse für die Aus- und Weiterbildung. Vor allem aber bräuchten Behandelnde mehr Zeit für eine empathische, verständliche und patientenzentrierte Kommunikation: „Eine gute Kommunikation und ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Therapeut und Patient sind die Basis für die so wichtigen, unterstützenden Erwartungseffekte.”

Neue Veröffentlichung: Wie hätten Sie Ihr Placebo gern?

Wie hätten Sie Ihr Placebo gern?
Einmal täglich als weiße Pille, bitte.

Ein Vortrag auf der SIPS-Konferenz 2025 in Krakau

Der SFB 289 auf der Internationalen Konferenz der „Society for Interdisciplinary Placebo Studies“ (SIPS)

Vom 15. Bis 18. Juni trafen sich mehr als 200 Forschende an der Universität in Krakau, Polen, um auf der 5. Internationalen SIPS-Konferenz die neuesten Ergebnisse und zukünftige Forschungsfelder rund um Placebo-und Noceboeffekte zu diskutieren. Für den SFB 289 „Treatment Epectation“war die Veranstaltung ein großer Erfolg. 

Die internationalen Experten und Expertinnen aus Europa, den USA und Australien, die sich auf der SIPS-Konferenz getroffen haben, entschlüsseln die Mechanismen hinter den Erwartungseffekten, die in der Medizin einen großen Einfluss auf den Erfolg von Behandlungen und das Auftreten von Nebenwirkungen haben können. Der diesjährige SIPS-Kongresspräsident Prof. Przemyslaw Babel, Psychologe und Schmerzforscher an der Jagiellonen Universität in Krakau, erklärt: „Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben unglaublich viele Flash-Talks gehalten, auf über 100 Postern ihre Forschung präsentiert, das ist für mich der größte Erfolg zu sehen, wie engagiert die nächste Generation ist.“ 

Prof Babel Prof Bingel SIPS2025Prof. Przemyslaw Babel, Jagiellonen Universität in Krakau, und Prof. Ulrike Bingel, Universität Duisburg-Essen, auf der SIPS-Konferenz 2025 in Krakau

 

Für den SFB 289 war die SIPS-Konferenz 2025 ein großer Erfolg

Die Neurologin von der Universität Duisburg-Essen Prof. Ulrike Bingel, SIPS-Kongresspräsidentin 2023 und Sprecherin des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Treatment Expectation“, betont: „Unser SFB war superpräsent auf der SIPS, wir haben erneut die von uns initiierte ECR Summer School organisiert und ebenso den Science Slam. Das sind alles Bereicherungen für eine internationale Konferenz wie die SIPS.“ Mehrere Plenary Sessions und Symposien wurden von SFB-Forschenden gehalten. Ebenso engagiert waren die Early Career Researchers: Gleich vier von sechs Poster-Preisen gingen an SFB-Mitglieder, dazu kamen noch zwei Preise für die besten Science Slams. „Das alles unterstreicht, welche Spitzenstellung unser SFB in diesem Feld international einnimmt und welchen starken Nachwuchs wir haben“, freut sich Ulrike Bingel über den Erfolg.

Dr. Livia Asan, ebenfalls Neurologin, berichtete zum Beispiel über ihre Studie, in der untersucht wurde, ob eine gezielt verbesserte ärztliche Kommunikation Kopfschmerzen nach einer Lumbalpunktion verringern kann. Nocebo-Kopfschmerzen entstehen durch negative Erwartungen, die während der Risikoaufklärung entstehen. In der Studie wurde daher getestet, ob eine empathische Gesprächsführung, die unter anderem den Nutzen der Untersuchung betont, Noceboeffekte erklärt, vorbeugende Maßnahmen nennt und auf die vielen symptomfreien PatientInnen hinweist, diese negativen Erwartungen abschwächen kann. Die Ergebnisse zeigten, dass sich durch diese optimierte Kommunikation Ängste reduzieren und die Erwartung von Nebenwirkungen deutlich verringern ließen. Zudem fühlten sich die Patienten insgesamt zufriedener mit dem Ablauf. Die Beeinträchtigung durch Kopfschmerzen war in der Tendenz verringert – ein Trend, den es gilt, in größeren Studien zu bestätigen.

 

Highlight: Erstmals Patientinnen und Patienten auf der SIPS

Erstmals stellten zudem Vertreter von Patientenorganisationen ihre Beteiligung an der Forschung über Placebo- und Noceboeffekte auf der SIPS-Konferenz vor. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Treatment Expectation“ wurde 2024 ein Patient Advisory Board (PAB) etabliert. Die 16 Mitglieder beraten und begleiten die Forschungsvorhaben des SFBs aus Patientensicht. Dorothea Fell von der Deutschen Rheumaliga, Sonja Arens von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe und Oliver Vorthmann von der Deutschen Depressionsliga erklärten auf der Postersession der 5. SIPS-Konferenz in Krakau ihr Anliegen und ihre Aufgaben im PAB. „Das war ein Highlight auf der SIPS, denn unser Patientenbeirat war erstmals auf einer internationalen Tagung präsent“, betont Prof. Ulrike Bingel. Das war ein sehr starkes Zeichen für die echte Beteiligung von Patienten und Patientinnen und auch international beispielgebend, wie viele internationale Gästen der SIPS den Mitgliedern bestätigten. (Ein ausführlicher Bericht dazu ist hier.) 

 Patientenbeirat SFB289 SIPS2025Mitglieder des SFB289-Patientenbeirats präsentieren ihre Arbeit auf der SIPS-Konferenz 2025. V.l.n.r.: Oliver Vorthmann von der Deutschen Depressionsliga, SFB 289-Sprecherin Prof. Ulrike Bingel, Sonja Arens von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, Dorothea Fell von der Deutschen Rheumaliga PAB-Koordinatorin Dr. Anna Bergmann und der stellvertretende Sprecher des SFB 289, Prof. Winfried Rief.

 

Stärkerer Fokus auf Noceboeffekte

Einer von drei Themen-Schwerpunkten der Konferenz waren Noceboeffekte. „Es gibt eine Fülle an Forschung über Placeboeffekte, aber wenig über Noceboeffekte und vor allem wie man diese negativen Erwartungseffekte wieder rückgängig machen kann“, betonte Prof. Andrea Evers, die die Abteilung Gesundheits-Psychologie an der Universität Leiden leitet. Der Noceboeffekt ist im medizinischen Alltag allerdings sehr bedeutsam – und „er verschwindet nicht einfach so“, sagte Evers. Jede Erfahrung in einem Krankenhaus ist per se schon ein Noceboeffekt, man hat Angst, weiß nicht genau, was passiert, und ist krank.

Die Forschung, so Evers weiter, sei nicht schwieriger als beim Placeboeffekt, „weil wir schon viel über Ängste, Stress und Trauma wissen, davon können wir bei der Noceboforschung profitieren“. Allerdings sei jeder Patient anders, „deshalb sollte man auch jeden Patienten und jede Patientin zu Beginn einer Behandlung fragen, welche Geschichte sie persönlich mitbringen und was sie schon an medizinischen Traumata erlebt haben, um Noceboeffekte zu erkennen“. Diese Kommunikation sei für die klinische Praxis enorm wichtig, so Evers.

Prof. Luana Colloca von der University of Maryland in Baltimore und ebenfalls Gast auf der SIPS, wollte vor allem wissen: Wer sind die Patienten, die immer negativ agieren und schwer zu therapieren sind? „Bei jeder Placebostudie haben wir auch Noceboresponders“, erklärt die Neurowissenschaftlerin, „sie bekommen alle möglichen Schmerzmedikamente und dennoch helfen diese nicht. Warum?“

 

Wie Erwartungseffekte sich über soziale Medien verbreiten

In einem weiteren Schwerpunkt befassten sich die Teilnehmenden mit dem Zusammenhang von sozialen Medien und Placebo- bzw. Nocebo-Effekten. „Sozialinduzierte Placebo-, vor allem aber Noceboeffekte, sind sehr stark, beständig und verbreiten sich über soziale Beziehungsketten“, erklärte Ben Colagiuri, Psychologe an der Universität von Sydney: „Die Forschung darüber explodiert geradezu." Colagiuri konzentriert sich mit seinem Forschungsteam seit der Covid-19-Pandemie und den Impfkampagnen auf über soziale Medien verbreitete Noceboeffekte. „Wie können wir verhindern, dass negative Nachrichten so starke Noceboeffekte erzeugen?“, ist dabei seine Frage. Er möchte Forschende und das medizinische Personal unterstützen, auch die positiven Seiten zu betonen, im Gespräch mit Patientinnen und Patienten, aber auch in den sozialen Medien. „Wir müssen dem negativen Algorithmus der Medien im Internet etwas entgegensetzen!“, forderte Colagiuri.

 

Diät und Erwartungseffekte – ein spannendes Forschungsfeld

Prof Meissner SIPS2025Prof. Karin Meissner von der Universität Coburg auf der SIPS-Konferenz 2025

Viele Poster und Kurzvorträge beschäftigten sich auf der SIPS in Krakau zudem mit Erwartungseffekten im Zusammenhang mit Themen wie Sport, Fitness, Ernährung, Diät, Abnehmen, Appetit und Körperwahrnehmung. „Das sind viele neue, extrem spannende Forschungsfelder“, zieht Prof. Karin Meissner von der Universität Coburg, Institut für angewandte Gesundheitswissenschaften, ihr Resümee. Appetit ist kein rein biologischer Reflex, sondern entsteht in einem komplexen Zusammenspiel von biologischen Prozessen, Emotionen und Gedanken. „Unsere Studie zeigte erstmals, dass auch gezielt eingesetzte Placebo-Suggestionen – also einfache, glaubwürdig vermittelte Aussagen – nicht nur subjektive Hungergefühle beeinflussen, sondern bei Frauen auch objektiv messbare Veränderungen hervorrufen, etwa bei hormonellen Prozessen oder der unbewussten Aufmerksamkeitslenkung auf Nahrungsreize“, so Meissner. Die gezielte Arbeit mit Erwartungen stellt somit für Prof. Meissner einen vielversprechenden Ansatz für ein nachhaltiges Gewichtsmanagement dar. Schon einfache Botschaften wie: „Diese ballaststoffreiche Mahlzeit hält lange satt“, könnten helfen, ein gesünderes Essverhalten zu fördern.

 

Der Patientenbeirat des SFB 289 auf der SIPS 2025 in Krakau

Premiere für die SIPS: Patientenvertreter auf der Internationalen Konferenz der „Society for Interdisciplinary Placebo Studies“

Vertreterinnen und Vertreter von Patientenorganisationen stellen zum ersten Mal auf einer SIPS-Konferenz ihre Beteiligung an der Forschung über Placebo- und Noceboeffekte vor. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 289 „Treatment Expectation“ wurde 2024 ein Patient Advisory Board (PAB), bestehend aus 16 Mitgliedern, etabliert. Dieser Patientenbeirat hat die Aufgabe, die Forschungsvorhaben des SFBs aus der Betroffenenperspektive zu begleiten und zu bereichern.

Auf der 5. SIPS-Konferenz in Krakau vom 15.18 Juni 2025 haben Dorothea Fell von der Deutschen Rheumaliga, Sonja Arens von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe und Oliver Vorthmann von der Deutschen Depressionsliga auf der Postersession ihr Anliegen und ihre Aufgaben als Mitglieder des PAB den Forschenden erläutert.

Sonja Arens bringt als Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und deren Angehörigen die Sicht von 119 Selbsthilfeverbänden und 13 Landesarbeitsgemeinschaften in die Forschung ein. „Ich denke dies ist ein Wissensschatz, der die Erforschung der Behandlungserwartung qualifiziert mitgestalten kann“, ist ihr gutes Argument für ihr Engagement in der Forschung. „Außerdem habe ich während der Konferenz die Möglichkeit, mich zu vernetzen und Einblicke in die internationale Placeboforschung zu erhalten und gleichzeitig kann ich in Gesprächen erläutern, wie wichtig die partizipative Beteiligung von Patienten und die Forschung dazu ist.“ 

Patientenvertreter könnnen helfen, die richigen Fragen zu stellen

Dorothea Fell von der Deutschen Rheumaliga betont angesichts der vielfältigen Themen der SIPS-Konferenz, „wie wichtig es ist, bei der Behandlungserwartung die richtigen Fragen zu stellen: Wie formuliere ich eine Frage, um auf den Kern des Problems bei dieser sehr komplexen Placeboforschung zu kommen? Und wie gelingt es, dabei den Menschen als Ganzes zu erfassen?“ Und auch Oliver Vorthmann von der Deutschen Depressionsliga ist begeistert, weil Krakau und die SIPS-Konferenz seine Erwartungen klar übertroffen haben.

PAB SFB 289 SIPS 2025 Postersession

Auf der Postersession der SIPS 2025 in Krakau erklärt der Patientenbeirat des SFB 289 seine Arbeit. V.l.n.r.: Oliver Vorthmann von der Deutschen Depressionsliga, Prof. Ulrike Bingel von der Universität Duisburg-Essen, Sonja Arens von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, Dorothea Fell von der Deutschen Rheumaliga, Anna Borgmann von der Medical School Hamburg und Prof. Winfried Rief von der Philipps-Universität Marburg

 

Prof. Ulrike Bingel, Sprecherin des SFB 289, hat die drei PAB-Mitglieder auf der Konferenz getroffen und einigen Kollegen vorgestellt. „So verrückt es klingen mag: Auch wenn gerade für Behandlungserwartungen die individuellen Biographien und Erfahrungen zentral sind und bei der gezielten Optimierung von Erwartungen individuelle Präferenzen unbedingt berücksichtigt werden sollten, waren Patienten und Patientinnen lange Zeit nicht in die Entwicklung und Interpretation unserer Forschung eingebunden“, erinnert sie sich. Diese Erkenntnis war für di Professorin der Universität Duisburg-Essen die Motivation, den PAB als entscheidenden Schritt in der Forschung für Patienten und Patientinnen relevant und bedeutsam zu machen. „Die Beteiligung des PAB hier vor Ort in Krakau war ein Highlight und ist international sichtbar geworden. Darauf bin ich stolz“, erklärt Prof. Bingel und dankt Prof. Meike Shedden-Mora und Anna Borgmann „für ihre großartige Integrationsarbeit des PABs in den SFB".

 

Preis "Bestes Forschungsumfeld 2024": Dr. Livia Asan und Dr. Ezgi Arikan vom BingelLab Essen nehmen die Urkunde entgegen.

Glückwunsch: BingelLab gewinnt Auszeichnung für das beste Forschungsumfeld

Offen, kreativ, wertschätzend: So wünschen sich die Volkswagen Stiftung und „Die Junge Akademie“ das Forschungsumfeld für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im frühen und mittleren Karrierestadium. Deshalb haben sie 2024 erstmals den Preis für das „Beste Forschungsumfeld“ ausgerufen. Am 7. Juni 2025 wurden die 24 Shortlist-Teams von insgesamt 300 Bewerbungen in Berlin geehrt – darunter auch das Team BingelLab der Klinik für Neurologie an der Universitätsmedizin Essen.

Dr. Livia Asan und Dr. Ezgi Arikan vom BingelLab nahmen die Urkunde entgegen. Für die Neurologin Dr. Asan ist im BingelLab entscheidend: „Das tolle Forschungsumfeld ist für mich durch die gute Führung geprägt. Wir werden als junge WissenschafterInnen erkannt, ermutigt, empowert, gefördert, auch gefordert, und haben eine echt starke Mentorin an unserer Seite.“ Das hofft sie später als Ärztin und Wissenschaftlerin weitertragen zu können.

Unter der Leitung von Prof. Ulrike Bingel erforscht das BingelLab die Wahrnehmung, Modulation und Chronifizierung von Schmerz sowie kognitive Einflüsse auf Behandlungen, vor allem Placebo- und Nocebo-Effekte. Das interdisziplinäre, bunte und dynamische Team arbeitet mit vielfältigen Ansätzen – von der funktionellen Magnetresonanztomographie, über pharmakologische Untersuchungen, bis hin zu kontrollierten klinischen Studien - und in engem Austausch mit starken nationalen und internationalen PartnerInnen. Das BingelLab ist an mehreren Teilprojekten des SFB/TRR 289 maßgeblich beteiligt. 

Erfolgsfaktoren für ein produktives Forschungsumfeld

„Ein gutes Forschungsumfeld fördert gute Wissenschaft, indem es individuelle Stärken hervorbringt und diese für alle gewinnbringend zu einem größeren Ganzen zusammenführt“, weiß Prof. Bingel. Wichtig sind ihr für ihr Team: Raum für Blicke über den Tellerrand, Inspiration an Schnittstellen zwischen Disziplinen und Forschungsfeldern und vor allem ein positives familienfreundliches Arbeitsklima. Die Bewerbung wurde gemeinsam von mehreren NachwuchswissenschaftlerInnen der Gruppe eingereicht.

Welche Faktoren begeistern am BingelLab? „Betreuung und Mentoring werden hier großgeschrieben. In der Arbeitsgruppe sind studentische Hilfskräfte und Medizindoktorandinnen und -doktoranden genauso tragende Teile wie PhD-Studierende und Postdocs. Alle arbeiten wertschätzend gemeinsam daran, qualitativ hochwertige Forschung zu leisten“, erklärt die Psychologin Dr. Helena Hartmann. Die Psychologin Priv.-Doz. Dr. Katharina Schmidt betont als Projektleiterin: „Den interdisziplinären Austausch schätze ich ganz besonders, weil das oft zu schnelleren Problemlösungen führt, aber vor allem entstehen so spannende neue kreative Forschungsfragen, auf die man alleine vielleicht nie gekommen wäre.“

Die Auszeichnung betont die Bedeutung eines guten Forschungsumfelds für die Leistungsfähigkeit der Wissenschaft und die Wertschätzung jedes einzelnen Wissenschaftlers und jeder Wissenschaftlerin und würdigt den Beitrag jedes Mitglieds der Forschungsgemeinschaft für den wissenschaftlichen Fortschritt. Sie soll einen Anreiz schaffen, die Qualität des Forschungsumfelds als zentrales Qualitätsmerkmal für Wissenschaftsorganisationen zu etablieren und sich in der bewussten Gestaltung dieses Umfelds zu engagieren.

 

Prof. Johannes Laferton, Prof. Winfried Rief und Prof. Meike Shedden Mora - SFB/TRR289

JAMA-Paper aus dem SFB/TRR 289: Wie Behandelnde die Erwartungen ihrer Patienten verbessern können

Die Behandlungserwartungen von Patienten und Patientinnen beeinflussen den Erfolg einer Therapie: Positive Erwartungen erhöhen die Chancen, dass eine Therapie gelingt; negative Erwartungen hingegen können den Erfolg mindern und erhöhen das Risiko von Nebenwirkungen. Im aktuellen Journal of the American Medical Association (JAMA) stellen Prof. Meike Shedden Mora, Prof. Winfried Rief und Prof. Johannes Laferton vier evidenz-basierte Kommunikationsstrategien vor, mit denen Behandelnde die positiven Erwartungseffekte konkret fördern können.

Für ihre praxisbezogenen Vorschläge haben die Psychologen Prof. Meike Shedden Mora (Medical School Hamburg), Prof. Winfried Rief (Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Marburg) und Prof. Johannes Laferton (Health and Medical University, Potsdam) die entscheidenden Faktoren aus unterschiedlichen Studien über Placeboeffekte extrahiert. Eine wesentliche Grundlage dafür sind Arbeiten aus dem Sonderforschungsbereich 289 „Treatment Expectation“, in dem Shedden Mora und Rief als Principle Investigators wesentliche Teilprojekte leiten. 

Ihre vier Strategien, welche die drei Forschenden in der Reihe "JAMA Insights" erläutern, richten sich an alle Personen, die im Gesundheitsbereich tätig sind. Ziel ist es, durch eine verbesserte, an den Behandlungserwartungen der Betroffenen ausgerichteten Kommunikation die Chancen einer Therapie zu vergrößern und das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen zu verringern: 

1. Erfahrungen und Erwartungen der Betroffenen verstehen

Positive und negative Erwartungen, aber auch die Angst vor Nebenwirkungen, können unabhängig voneinander den Behandlungserfolg beeinflussen, wie eine umfangreiche Analyse von sechs Studien mit insgesamt 748 Teilnehmenden zeigt. Auch wenn eine Person sich einen großen Nutzen von der Behandlung verspricht, kann sie gleichzeitig besorgt sein, unangenehme Nebenwirkungen zu erfahren. Daher sollten Behandelnde ihre Patienten und Patientinnen gezielt befragen nach

  • Vorerfahrungen: „Erzählen Sie mir, wie ist es Ihnen mit Ihren bisherigen Behandlungen ergangen?“
  • Erwartungen: „Was glauben Sie, wie sehr wird ihnen die Behandlung helfen?"
  • Befürchtungen: „Haben Sie Angst vor Nebenwirkungen?"

„Wir ermutigen jeden, der im Kontakt mit Patienten ist, diese Fragen zu stellen, denn nur so können eine individuelle Therapie und unterstützende Kommunikation zugeschnitten auf die persönlichen Ängste und Bedürfnisse erfolgversprechend eingesetzt werden“, rät die Psychologin und Psychotherapeutin Prof. Shedden Mora.

 

2. Die Arzt-Patienten-Beziehung stärken

Wenn Ärzte und Ärztinnen gegenüber ihren Patienten Kompetenz zeigen und sich empathisch verhalten, dann beeinflusst dies den Behandlungserfolg. Nonverbale Signale wie Augenkontakt oder ein bestätigendes Nicken sowie eine gut strukturierte und verständliche Kommunikation schaffen Vertrauen:

„Wenn Sie sich Sorgen um Nebenwirkungen machen, lassen Sie uns gemeinsam überlegen, was wir bei auftretenden Nebenwirkungen tun können.“

Eine Studie mit 262 Patienten mit Reizdarmsyndrom konnte zeigen, dass deutlich mehr Patientinnen und Patienten von einer (Placebo-)Akupunktur-Behandlung profitierten, wenn ihr Arzt Wärme und Empathie ausstrahlte, als wenn der Kontakt eher sachlich-distanziert gestaltet war.

„Offene Fragen stellen, zuhören und seine eigene Erfahrung als Arzt betonen können ein wichtiger Faktor beim Therapieerfolg sein. Jeder Arzt und jede Ärztin sowie jeder Psycho- oder Physiotherapeut sollten sich der Wirkung ihrer Kommunikation bewusst sein“, betont der Psychologe und Psychotherapeut Prof. Winfried Rief.

 

3. Positive Erwartungen gezielt fördern

Jeder Patient und jede Patientin hat Erwartungen an eine bevorstehende Behandlung. Positive Erwartungen können dabei die Erfolgschancen der Therapie steigern, negative können sie mindern. Um positive Annahmen und eine zuversichtliche Perspektive bei den Betroffenen zu unterstützen, können Behandelnde realistisch die persönlichen Ziele der Person bestärken:

„Nach der Operation möchten Sie wieder mit Ihrer Familie Bergwandern. Ich bin zuversichtlich, dass Sie in den ersten sechs Wochen schon kurze Spaziergänge unternehmen und nach drei Monaten bereits wieder moderate Wanderungen bewältigen können.“

Dass ein persönlicher Genesungsfahrplan die Genesung fördert, zeigen Studien an Personen mit Herzoperationen und operativen Eingriffen im Bauchraum. Sie konnten nach Eingriffen am Herzen dadurch bis zu 4,5 Tage früher aus dem Krankenhaus entlassen werden, und sie nahmen nach Bauch-OPs etwa fünf Tage früher ihre normalen Alltagsaktivitäten wieder auf. „Beim Entwickeln solch eines Genesungsfahrplans mit Hilfe einer psychologischen Intervention ist es wichtig, dass die Ziele realistisch sind und eine persönliche Bedeutung haben, zum Beispiel nach der Bypass-Operation wieder mit dem Hund Gassi gehen können“, bestätigt der Psychologe und Psychotherapeut Prof. Johannes Laferton.

 

4. Angst vor Nebenwirkungen effektiv mindern

Es ist gut belegt, dass Patienten und Patientinnen das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen oft überbewerten, den Nutzen einer Therapie hingegen aber unterschätzen. Wie medizinisches Personal mögliche Nebenwirkungen erklärt, beeinflusst entscheidend die Häufigkeit von Nebenwirkungen. Die ausgewogene Aufklärung in einem positiven Rahmen, wo auch der Nutzen betont und erläutert wird, reduziert die Belastung durch Nebenwirkungen.

So berichten in einer klinischen Studie Personen, die Methotrexat für ihr entzündliches Rheuma erhielten, deutlich weniger Nebenwirkungen, wenn ihnen mögliche Nebenwirkungen als positives Zeichen erklärt wurden, dass das Medikament im Körper wirkt. Patientinnen und Patienten, die eine solche positive Erklärung für Nebenwirkungen erhielten, brachen die Behandlung deutlich seltener ab.

 

Fazit

„Dass JAMA diese Erkenntnisse und Ratschläge veröffentlicht, freut uns sehr, da wir als Forschungsverbund schon seit vielen Jahren substantiell zu der Evidenz dieser Effekte beitragen", sagt Prof. Ulrike Bingel, Sprecherin des Sonderforschungsbereichs „Treatment Expectation“. „Die positive Bedeutung von Kommunikation im therapeutischen Bereich aller Disziplinen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gleichzeitig werden wir noch viele Erkenntnisse gewinnen müssen, die es uns erlauben, personalisiert, kontextspezifisch und flächendeckend in der Praxis die Erwartungseffekte zum Wohl der Patienten zu nutzen“, so Bingel. Sie ist Neurologin und Leiterin der Schmerzmedizin an der Universitätsklinik Essen und forscht seit Jahrzehnten intensiv im Bereich Placebo- und Noceboeffekte in der Medizin.


Originalarbeit:
Laferton JAC, Rief W, Shedden-Mora M. Improving Patients’ Treatment Expectations. JAMA. Published online June 04, 2025. doi:10.1001/jama.2025.6261

https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2834861

Aktuelle Forschung und innovative Konzepte auf dem 2. UKE Schmerzforum

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Neue Veröffentlichung: Stärkere Behinderung nach schlechten Erfahrungen bei chronischen Schmerzen

Negative Vorerfahrungen und Erwartungen stehen im Zusammenhang mit einer stärkeren schmerzbedingten Behinderung

Im Experiment wirken Nocebo-Effekte stärker als Placebo-Effekte

"Better safe than sorry": Befürchtungen wirken stärker als Hoffnungen

Eine neue Studie aus unserem Sonderforschungsbereich zeigt: Negative Erwartungen wirken stärker und halten länger an als positive. Dieses Ergebnis hat große Bedeutung für die Kommunikation zwischen Behandelnden und ihren Patientinnen und Patienten.

Nocebo Effekte Placebo Effekte SBB289

Es ist eine Art selbsterfüllende Prophezeiung: Wenn wir krank sind und von einer Behandlung wirklich Linderung erwarten, hat die Therapie besonders gute Chancen zu wirken. Wenn wir jedoch eher befürchten, dass die Behandlung uns kaum hilft und statt dessen unangenehme Nebenwirkungen mit sich bringt, tritt oft genau das ein.

Dieses Phänomen ist besonders bei Schmerzen häufig und gut untersucht: Positive Erwartungen können Schmerzen lindern und die Wirkung eines Schmerzmittels verstärken –  das ist der Placeboeffekt. Negative Erwartungen hingegen verstärken oft den Schmerz und können die Wirkung selbst hochpotenter Schmerzmittel zunichte machen –  das nennt man Noceboeffekt.

Im Experiment sind Noceboeffekte stärker als Placeboeffekte

Doch welcher dieser Effekte ist stärker? Leider wohl der Noceboeffekt, wie eine Studie aus Projekt A01 unseres SFB/TRR 289 zeigt. Ein Forschungsteam um Prof. Ulrike Bingel an der Universität Duisburg-Essen setzte in einem Experiment 104 gesunde Freiwillige kurzfristigen Hitzeschmerzen aus. Dabei beeinflussten die Forschenden die Erwartungen und Behandlungserfahrungen der Teilnehmenden an eine scheinbare Nervenstimulation ("Sham Stimulation") gezielt und untersuchten dann, wie stark sich diese auf nachfolgende Testphasen am selben Tag und nach einer Woche auswirkten. In diesen Testphasen erhielten alle Teilnehmenden gleich starke Schmerzreize – aber verbunden mit unterschiedlichen Erwartungen: positiven, negativen, oder neutralen. Die Schmerzreize wurden auf einer Skala von 0-100 bewertet.

Das spannende Ergebnis: Negative Erwartungen hatten einen stärkeren und auch einen anhaltenderen Einfluss auf das Schmerzempfinden als positive. Wer von den Testpersonen negative Erwartungen hatte, bewertete die nachfolgenden Schmerzen im Durchschnitt um rund 11 Punkte höher als die Personen ohne spezielle Erwartungen. Eine positive Erwartung hingegen reduzierte die Schmerzbewertung nur um gut 4 Punkte. (Hier ist der Link zur Originalpublikation.)

Der Effekt negativer Erwartungen ist größer – auch auf Dauer

Der Effekt der negativen Erwartung war also doppelt so groß wie der von positiver Erwartung – an das, obwohl der herbeigeführte Schmerz bei allen Teilnehmenden gleich war. Lediglich die Erwartungen unterschieden sich. Doch wie lange hält dieser Effekt an?

Um das zu testen, erhielten alle Teilnehmenden in der zweiten Sitzung eine Woche später wieder den gleichen Schmerzreiz. Der Effekt blieb ähnlich: Der Noceboeffekt führte dazu, dass die Personen mit negativen Erwartungen den Schmerz um rund 9 Punkte höher bewerteten als jene in der Kontrollgruppe ohne erwartungen. Der Placeboeffekt wiederum führte dazu, dass der Schmerz um 4,6 Punkte geringer empfunden wurde.

"Better safe than sorry": Warum rechnen Menschen lieber mit dem Schlimmsten?

„Menschen neigen offenbar dazu, eher mit dem Schlimmsten zu rechnen – und das schlägt sich auch in der Schmerzverarbeitung nieder“, erläutert Prof. Dr. Ulrike Bingel, Neurologin und Leiterin des interdisziplinären Zentrums für Schmerzmedizin am Universitätsklinikum Essen. Der Grund dafür könnte in der Evolution des Menschen liegen, vermutet Dr. Katharina Schmidt aus Bingels Team, die ebenfalls an der Studie beteiligt war: „Dieses Verhalten entspricht einer 'Better safe than sorry'-Strategie.“ Möglicherweise hätten sich die Menschen so entwickelt, dass sie besser auf potenzielle Bedrohungen eingestellt sind – und geben negativen Erwartungen daher mehr Gewicht.

„Für die klinische Praxis ist das von großer Bedeutung", erklärt Neurologin Bingel. Im Alltag konzentrierten Behandelnde sich oft darauf, positive Erwartungen zu fördern. „Unsere Studie zeigt jedoch, dass es mindestens genauso wichtig ist, unbeabsichtigte negative Erwartungen zu vermeiden“, so Bingel. Angehörige von Gesundheitsberufen sollten sich bewusst sein, dass die Art und Weise, wie sie über Behandlungen informieren, die Reaktion ihrer Patienten und Patientinnen darauf stark beeinflussen kann – im positiven wie im negativen Sinne.

„Noceboeffekte können durch einfache und wirksame Strategien zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten verhindert werden“, fügt Bingel hinzu: „Positive Formulierungen, die Vermeidung einer unnötigen Betonung von Nebenwirkungen und der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung können das Risiko von Nocebo-Reaktionen verringern. In einer Zeit, in der Kosteneffizienz im Gesundheitswesen von entscheidender Bedeutung ist, sollte die Vermeidung von Noceboeffekten eine Schlüsselstrategie zur Verbesserung von Behandlungsergebnissen sein.“

Foto: SFB/TRR 289

Prof. Wiebke Sondermann erhält den Deutschen Psoriasis Preis 2025

Interview zum Deutschen Psoriasis Preis: Wie psychologische Faktoren die Psoriasis-Therapie unterstützen

Prof. Wiebke Sondermann erhält den hochdotierten Deutschen Psoriasis Preis 2025 von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) für ihre Studie zur Modulation von positiven Erwartungen bei der Psoriasis-Therapie mit Biologika. Die klinisch-experimentelle Studie der Leitenden Oberärztin in der Universitätshautklinik Essen und Leiterin der Psoriasis-Sprechstunde wurde im Rahmen des DFG-geförderten Sonderforschungsbereichs „Treatment Expectation“ mit dem Titel „The Impact of Expectation on Health Outcome“ durchgeführt.

"Die Studie ist ein Meilenstein in der Erforschung von Plazeboeffekten bei schweren somatischen Erkrankungen wie der Psoriasis. Sie zeigt Möglichkeiten, Grenzen und wichtige Forschungsfragen für die Zukunft auf", ordnet Prof. Ulrike Bingel, Sprecherin des SFB/TRR 289, die Forschungsarbeit ein. Im Interview erklärt Prof. Sondermann ihre Ergebnisse dazu, wie Erwartungen von Patienten und Patienten den Therapieerfolg bei Psoriasis beeinflussen:

 

Deutscher Psoriasis Preis 2025 Prof Sondermann

Glückliche Gewinner des Deutschen Psoriasis Preises 2025: Prof. Wiebke Sondermann mit ihrem Mitgliedern ihres Forschungsteams aus Projekt A12. Von links nach rechts: Dr. Frederik Krefting, Prof. Wiebke Sondermann, Senta Mühlhaus und Daniela Bese

 

Frau Sondermann, für welchen Aspekt ihrer Forschung erhalten Sie den Preis der DDG?

Der Preis wird mir für die Publikation der Daten unserer Hauptstudie aus dem Teilprojekt A12 aus der 1. Förderperiode des Transregio-SFB „Treatment Expectation“ verliehen. Unter Ausnutzung der gezielten Modulation von positiven Erwartungen wollten wir sehen, ob sich der Effekt von Secukinumab beeinflussen lässt. Es handelt sich dabei um einen humanen monoklonalen Antikörper, der gezielt auf das entzündungsfördernde Protein Interleukin-17A wirkt. Wir haben in unserer Studie gesehen, dass die verbale Erwartungsmodulation allein nur einen begrenzten Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat. Deshalb wollen wir jetzt in der 2. Förderperiode prüfen, welchen Effekt unbewusste Lernmechanismen im Rahmen der Erwartungsmodulation haben.

Sie haben sich mit den psychologischen Einflussfaktoren der Psoriasis beschäftigt, warum nicht mit neuen Medikamenten?

Wir haben mittlerweile eine ganze Reihe an Medikamenten, mit denen wir die Psoriasis sehr gut behandeln können. Für einen Großteil der Patienten schaffen wir es heutzutage den Hautbefund um 90 Prozent zu bessern. Allerdings sind die Medikamente, mit denen diese sehr guten Resultate erzielt werden, die sogenannten Biologika, zu denen auch das in unserer Studie verwendete Secukinumab zählt, sehr hochpreisig und können auch mit Nebenwirkungen einhergehen, sodass wir es für sinnvoll erachten, zu erforschen, inwiefern sich möglicherweise ein Teil der Dosis durch die Nutzung von psychologischen Einflussfaktoren - und im konkreten Fall unserer Studie - durch die Nutzung von Erwartungseffekten einsparen ließe.

Bei cortisonhaltigen Cremes ist bereits durch eine ältere Untersuchung an Psoriasis Patienten gezeigt worden, dass die Wirkung bei einer Anwendung der vollen Dosis im Wechsel mit einem Placebo, erhalten blieb.

Interessiert sich die Pharmaindustrie für diese Forschung?

Ja, das Interesse ist erfreulicherweise da. Novartis hat uns z.B. logistisch dabei unterstützt, an eine bestimmte Formulierung des Biologikums Secukinumab heranzukommen, damit wir einfacher mit der niedrigeren Dosierung des Präparats arbeiten konnten. Aber vor allem danken wir der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die den Sonderforschungsbereich „Treatment Expectation“ und damit unsere Forschung unterstützt.

Besteht denn Bedarf an einer Verbesserung der Versorgungsrealität von Psoriasis Patienten?

Ja, auf jeden Fall. Das war auch genau der Titel meiner Habilitationsschrift. Viele Patienten sind noch untertherapiert – vor allem auch weltweit –, weil nicht bei allen der Zugang zu den hocheffektiven Medikamenten gegeben ist.

Wie beurteilen Sie neue Therapien mit Biologika?

Biologika-Therapien gibt es für die Psoriasis seit etwa 20 Jahren. Durch das immer besser werdende Verständnis der Entzündungsprozesse bei der Psoriasis konnten die Biologika stetig weiterentwickelt und optimiert werden. Heutzutage blockieren die modernen Biologika, die bei der Psoriasis eingesetzt werden, ganz spezifisch vor allem zwei Entzündungsbotenstoffe, die bei der Psoriasis eine zentrale Rolle spielen: Interleukin 17 und Interleukin 23. Mit dem Medikament, mit dem wir in der Studie gearbeitet haben, Secukinumab, wird zum Beispiel gezielt Interleukin 17 blockiert. Durch die spezifische Blockade von Entzündungsbotenstoffen, die bei der Psoriasis zu viel vorhanden sind, erreichen wir sehr hohe Ansprechraten. Dadurch, dass das Immunsystem nicht wie früher, breit unterdrückt wird, hat sich auch das Nebenwirkungsprofil verbessert. Aufgrund der hohen Kosten der Biologika-Therapie erhalten leider noch zu wenige Patienten eine solche moderne Therapie.

Wirken Biosimilars genauso gut?

Biosimilars sind Nachahmerprodukte von Biologika, deren Patentschutz abgelaufen ist. Es gibt sie bereits für die älteren Biologika. Ein Vorteil der Biosimilars ist, dass sie deutlich günstiger sind als die Original-Präparate. Studien zeigen, dass die objektive Wirksamkeit von Biosimilars eigentlich genauso gut ist wie die von den Original-Präparaten. Dennoch sind die Abbruchraten nach Umstellung vom Originalpräparat auf Biosimilars überdurchschnittlich hoch, was man auf den Noceboeffekt zurückführt. Vor allem im niedergelassenen Bereich gibt es Biosimilar-Quoten, das heißt, dass zu einem gewissen Prozentsatz eben Biosimilars anstatt der Biologika verschrieben werden müssen. Hier ist Aufklärung und eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation enorm wichtig, um die Abbruchraten zu verhindern.

Zwei bis drei Prozent der Bevölkerung leidet an dieser entzündlichen chronischen Hauterkrankung. Hat ihre Arbeit eine große klinische Relevanz?

Ja, tatsächlich zählt die Psoriasis mit einer Prävalenz von zwei bis drei Prozent zu den häufigsten entzündlichen Hauterkrankungen der westlichen Welt. Ungefähr 20 bis 30 Prozent aller Patienten leiden unter einer mittelschweren bis schweren Form der Erkrankung, die einer systemischen Therapie, also einer Therapie von innen bedarf. Wenn man frühzeitig behandelt, dann kann man vermutlich den Krankheitsverlauf insgesamt günstig beeinflussen und wahrscheinlich sogar teilweise den Ausbruch einer Psoriasis-Arthritis verhindern. „Hit smart and early“, ist deshalb das Gebot. Genau hier setzt unsere Forschung an und ist somit für viele Patientinnen und Patienten von hoher klinischer Relevanz.

Welche Zusammenhänge und Interaktionen bestehen zwischen der Haut, dem Immunsystem und der Psyche?

Die Haut, das Immunsystem und die Psyche sind über ein komplexes Netzwerk miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Die Haut ist nicht nur eine physische Barriere, sondern auch ein aktives Immunorgan.

Was läuft denn bei der Psoriasis in der Hirn-Haut-Achse falsch?

Bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie der Psoriasis ist das Immunsystem in der Haut überaktiv. Es kommt zu Rötungen, Schuppung und Juckreiz. Stress, Angst und Depressionen wiederum können das Immunsystem fehlregulieren, so dass die Hauterkrankung weiter verschlechtert wird. Dabei sind unter anderem das Stresshormon Cortisol und das vegetative Nervensystem beteiligt. Stress führt dazu, dass der Körper Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin ausschüttet. Gleichzeitig wird das Immunsystem aktiviert – gerade bei entzündlichen Erkrankungen wie der Psoriasis kann das aber nach hinten losgehen: Die Immunantwort wird überaktiv, die Entzündungsprozesse nehmen zu, und Schübe können ausgelöst oder verstärkt werden. Neuere Forschung zeigt zudem, dass das Nervensystem dabei auch direkt mit dem Immunsystem kommuniziert. Sichtbare Hautveränderungen wiederum können zu Scham, Stigmatisierung, sozialem Rückzug, Angst oder Depressionen führen. Diese psychischen Belastungen wiederum verstärken den von den Patienten empfundenen Stress, was die Erkrankung verschlimmern kann. Also ein klassischer Teufelskreis. Ich bin froh darüber, dass die subjektive Belastung der Patienten heutzutage durch verschiedene Fragebögen gut erfasst werden kann und das individuelle Leiden in den Therapieleitlinien immer stärker berücksichtigt wird.

Wenn man sich eine Skala von 0 bis 10 vorstellt – 0 bedeutet man weiß kaum etwas über die Zusammenhänge, 10 alles – wo steht dann die Psoriasis-Forschung?

Ich würde schätzen bei fünf. Es gibt also noch viel zu tun, denn die wechselseitigen Beeinflussungen sind äußerst komplex und genauso komplex ist auch die Erforschung.

Welches ist für Sie der beste Beweis, dass Placeboeffekte wirken?

 Einer der überzeugendsten Beweise für die Wirksamkeit von Placeboeffekten ist aus meiner Sicht die Tatsache, dass sie in randomisierten, doppelblinden klinischen Studien gemessen werden. In einer Meta-Analyse von 34 randomisierten klinischen Studien mit Patienten und, Patientinnen, die an Psoriasis, atopischer Dermatitis oder Nesselsucht, die chronisch-spontane Urtikari, litten, zeigte sich 2015 beispielsweise, dass Placebos den Juckreiz signifikant, also beträchtlich und nicht zufällig, reduzieren konnten – und zwar im Durchschnitt um 24 Prozent.

Gilt das auch für Noceboeffekte?

Verschiedene Studien haben eindrücklich gezeigt, dass Patienten, die vor einer Therapie darauf hingewiesen werden, dass ein Arzneimittel bestimmte Nebenwirkungen haben könnte, deutlich häufiger über genau diese Nebenwirkungen berichten, selbst wenn sie nur ein Placebo bekommen haben. Zudem gibt es z.B. aus dem Bereich der Dermatologie Untersuchungen an gesunden Probanden und Probandinnen und an Patienten und Patientinnen mit atopischer Dermatitis, die eindrucksvoll zeigen konnten, dass sich der empfundene Juckreiz allein durch verbale Suggestionen oder die Information, dass eine allergenhaltige Lösung aufgetragen wird, die tatsächlich nur Wasser ist, der empfundene Juckreiz deutlich verstärkt. Wenn Sie einem Studienteilnehmenden sagen „Also das wird jetzt ganz stark jucken“, dann wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch jucken.

Wie lassen sich denn konkret Erwartungen nutzen, um die Psoriasis besser behandeln zu können?

Erwartungen können bei vielen Krankheitsbildern als psychologischer Verstärker für Therapien wirken. Allerdings haben wir in unserem Projekt in der ersten Förderperiode festgestellt, dass verbal induzierte positivere Erwartungen allein nur einen begrenzten Einfluss auf den objektiven Krankheitsverlauf haben. In der zweiten Förderperiode erweitern wir daher unseren Ansatz und nutzen zur Optimierung zusätzlich das Verstärkungslernen durch pharmakologische Konditionierung. Dieses Prinzip beruht auf der Beobachtung, dass sich der Körper die Wirkung eines Medikaments in bestimmten Fällen merken und teilweise selbst ersetzen kann: Ob dies auch bei einer innerlichen Behandlung mit Biologika möglich ist, untersuchen wir in unserem SFB-Projekt A12: Gelingt dies, könnten die Nebenwirkungen potenziell verringert und Behandlungskosten gesenkt werden.

Was ist ihr Rat an die Kollegen und Kolleginnen in der Praxis?

Wenn wir Erwartungseffekte klug nutzen, können wir mit ihrer Hilfe die Wirkung von Medikamenten steigern, die Entzündungsaktivität reduzieren und die Lebensqualität von Menschen mit Psoriasis verbessern. Konkret wirkt eine wertschätzende, zugewandte Sprache im Arzt-Patienten-Gespräch vertrauensfördernd — und stärkt Placeboeffekte.

Und was können Patienten selbst tun?

Viele Betroffene sind nach jahrelangen, unzureichenden Therapieversuchen deprimiert und skeptisch gegenüber neuen Therapieansätzen. Dennoch ist es sinnvoll, sich als Patient oder Patientin optimistisch auf neue Therapien einzulassen. Studiendaten zeigen auch, dass das Vertrauen in die Therapie – und damit auch die Wirksamkeit – steigt, wenn man sich als Patient an einer partizipativen Entscheidungsfindung gemeinsam mit dem Arzt beteiligt. Bewahren Sie sich eine Portion Optimismus lassen Sie sich nicht verunsichern!

 

Originalpublikation:

Hölsken S., Krefting F., Mühlhaus S., et al. und Sondermann W. Shaping Treatment Expectation to Optimize Efficacy of Interleukin 17A Antagonist Secukinumab in Psoriasis Patients. Psoriasis (Auckl). 2025 Jan 10;15:9-22.

https://doi.org/10.2147/PTT.S486338

 

 

Wie beeinflussen kognitive Ressourcen Placeboeffekte bei einer Depression? - SFB289 - Treatment Expectation

Neue Veröffentlichung: Placebo-Effekte brauchen Aufmerksamkeit – das könnte für Depressive ein Problem sein

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Virtuelle Webinar Reihe „Treatment Expectation“ 2025

Virtuelle Webinar Reihe „Treatment Expectation“ 2025

Auch in diesem Jahr führen wir unsere beliebte Webinar-Reihe zu Behandlungserwartungen fort: Bis September werden vier renommierte Wissenschaftler in spannenden Online-Vorträgen wichtige Facetten unseres Forschungsfeldes beleuchten. 

Den Auftakt macht am 1.4.2025 um 16 Uhr Prof. Christian Bellebaum von der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. In seinem Webinar geht es um "Effects of Expectancy in the Processing of Actions and their Outcomes". Im weiteren Verlauf des Jahres können wir zudem Prof. Andreas Olsson vom Karolinska Institutet in Stockholm, Prof. Thomas Graven-Nielsen von der Aalborg Universitet sowie Dr. Nathan Huneke von der University of Southampton begrüßen.

 

Webinar Flyer 2025 

 

Die Webinare der Reihe "Treatment Expectation" richten sich an ein wissenschaftliches Publikum und werden in englischer Sprache gehalten. Die Teilnahme ist kostenlos, aber die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Deswegen bitten wir um eine frühzeitige Anmeldung. 

Wenn Sie einzelne Webinare oder das gesamte Programm besuchen möchten, melden Sie sich bitte unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. an. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns dabei ein paar Worte über Ihren wissenschaftlichen Hintergrund schreiben könnten und warum Sie die Webinare besuchen möchten.

Dr. Helena Hartmann präsentiert das Projekt ARIADNE

Neue Veröffentlichung: Mit ARIADNE durch den Ressourcen-Dschungel navigieren

In 10 Schritten zur erfolgreichen Publikation: Dr. Helena Hartmann präsentiert den ARIADNE Navigator

Dr. Livia Asan mit dem Felgenhauer-Forschungspreis ausgezeichnet

Dr. Livia Asan mit dem Felgenhauer-Forschungspreis ausgezeichnet

Der Felgenhauer-Forschungspreis 2024 geht an Dr. Livia Asan

Förderpreis für Schmerzforschung an Dr. Helena Hartmann und Dr. Julian Packheiser

Förderpreis für Schmerzforschung an Dr. Helena Hartmann

Dr. Helena Hartmann und Dr. Julian Packheiser erhalten den Förderpreis für Schmerzforschung 2024

Dr. Jana Aulenkamp erhält Sintetica-Forschungsstipendium 2024

Sintetica-Forschungsstipendium 2024 für Dr. Jana Aulenkamp

IG-Nobelpreis für Medizin an Dr. Lieven Schenk, Dr. Tahmine Fadai und Prof. Christian Büchel

IG-Nobelpreis für Lieven A. Schenk, Tahmine Fadai und Christian Büchel

"More effektive fake medicine": IG-Nobelpreis für Forschungsarbeit von Lieven A. Schenk, Tahmine Fadai und Christian Büchel

Große Erwartungen beim WTZ-Aktionstag

Westdeutsches Tumorzentrum

Der SFB auf dem IASP Kongress 2024

International Association for the Study of Pain (IASP)

DGPSF Early-Career-Preis im Bereich Schmerzpsychotherapie für Julia Stuhlreyer

Deutsche Gesellschaft für Psychologische Schmerztherapie und -Forschung DGPSF e.V.

Neue Veröffentlichung: Transtheoretische psychologische Therapie - Neue Perspektiven für die klinische Ausbildung und Praxis

Neue Veröffentlichung: Transtheoretische psychologische Therapie - Neue Perspektiven für die klinische Ausbildung und Praxis

Neue Veröffentlichung: Transtheoretische psychologische Therapie - Neue Perspektiven für die klinische Ausbildung und Praxis

Virtuelle Webinar Reihe „Treatment Expectation“ 2023

Virtuelle Webinar Reihe „Treatment Expectation“ 2023

Webinar2023 2

Im Rahmen des SFB/TRR 289 bieten wir eine virtuelle Webinar-Reihe mit wissenschaftlichen Vorträgen von international anerkannten ForscherInnen an.

Alle Vorträge werden online gehalten und die Teilnahme ist kostenlos. Die Vorträge richten sich an ein wissenschaftliches Publikum und werden in englischer Sprache gehalten.

Wenn Sie einzelne Webinare oder das gesamte Programm besuchen möchten, melden Sie sich bitte unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. an. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns ein paar Worte über Ihren wissenschaftlichen Hintergrund schreiben könnten und warum Sie die Webinare besuchen möchten.

Neue Publikation: Einsatzmöglichkeiten digitaler Tools in der postoperativen Schmerztherapie

Neue Publikation: Einsatzmöglichkeiten digitaler Tools in der postoperativen Schmerztherapie

In letzter Zeit finden zunehmend digitale Tools wie Smartphone-basierte Applikationen und der Einsatz künstlicher Intelligenz Einzug in die Schmerzmedizin. Dies könnte im postoperativen Schmerzmanagement neue Therapieansätze ermöglichen. Der vorliegende Beitrag von Jana Aulenkamp und KollegInnen gibt einen Überblick über verschiedene digitale Tools und deren Einsatzmöglichkeiten in der postoperativen Schmerztherapie.

Die Studie wurde vor Kurzem in der Fachzeitschrift Der Schmerz veröffentlicht. Sie können die vollständige Veröffentlichung hier lesen.

SIPS 2023 Science Slam
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SIPS 2023 Science Slam

 Beim Science Slam der SIPS Konferenz 2023 in Duisburg erklärten junge Forschende ihre Wissenschaft möglichst kreativ und unterhaltsam für ein breites Publikum, moderiert von Dr. Helena Hartmann (Bild unten). Großes Lob für zwei Forscherinnen des SFBs aus dem Universitätsklinikum Essen: Elif Buse Caliskan aus dem Bingel Laboratory und Stefanie Hölsken vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunologie haben beim Science Slam gewonnen! Schauen Sie den Slam hier nach.

Chair: Helena Hartmann

Elif Buse Caliskan (Bild unten) erklärte in vier Minuten, was Placeboeffekte mit der Wahrnehmung von Wein zu tun haben. Wussten Sie, dass das Etikett, der Preis, die Glasform, und sogar das Ambiente der Umgebung beeinflussen, wie wir die Weinqualität wahrnehmen? 

Elif Buse Caliskan, University of Duisburg-Essen, Germany

Stefanie Hölsken (Bild unten) nahm uns mit in die Welt der Dermatologie und berichtete, wie man dort mithilfe von klassischer Konditionierung und grüner Erdbeermilch Allergiesymptome lindern kann. Ganz ohne echte Anti-Allergiemedikamente, sondern durch Erwartungen!

Stefanie Hölsken, University Hospital Essen, Germany

 

Neue Publikation: Nocebomechanismen in der Schmerzwahrnehmung

Neue Publikation: Nocebomechanismen in der Schmerzwahrnehmung

Drei SFB/TRR 289 Teams (A04, A10 und A11) untersuchten gemeinsam die Interaktion von Entzündungen bzw. depressiver Stimmung und den Erwartungen mit und Erfahrungen von viszeralen Schmerzen in gesunden Versuchspersonen.

Das Ergebnis der Studie wurde vor Kurzem in der Fachzeitschrift Brain Behavior and Immunity unter dem Titel "Amplified gut feelings under inflammation and depressed mood: A randomized fMRI trial on interoceptive pain in healthy volunteers" veröffentlicht.

Sie können die vollständige Veröffentlichung auf ScienceDirect lesen.

PatientInnenforum zu Placebo- und Noceboeffekten

PatientInnenforum zu Placebo- und Noceboeffekten

Wie kann ich meine eigenen Erwartungen sinnvoll nutzen, um meine Behandlung zu verbessern - unabhängig von der Krankheit und der Therapie? Was haben Nocebo-Effekte mit unerwünschten Wirkungen zu tun? Wie lese ich eine Packungsbeilage richtig? Wie bereite ich mich auf ein Gespräch mit dem Arzt vor? Was können Arzneimittelforschung und Gesundheitspolitik tun, um Therapien verträglicher und wirksamer zu machen?

Sie können dieses Forum, das in Zusammenarbeit mit der Deutschen Hirnstiftung organisiert wurde, auf YouTube ansehen.

 

SIPS 2023 in Duisburg - Pressekonferenz

SIPS 2023 in Duisburg - Pressekonferenz

Die einstündige Pressekonferenz am Eröffnungstag der SIPS mit spannenden Beiträgen zum Thema Depression, Corona und dem Einfluss sozialer Medien auf die Erwartung finden Sie auf unserem YouTube Kanal. 

TeilnehmerInnen (von links nach rechts im Bild): 

  • Moderation: Skarlett Brune-Wawer, Leiterin der Stabsstelle des Rektorats Hochschulmanagement und Kommunikation, Universität Duisburg-Essen
  • Prof. Ulrike Bingel, Neurologin und Leiterin des Zentrums für Schmerzmedizin an der Universitätsklinik Essen 
  • Prof. Winfried Rief, Leiter der Psychotherapie-Ambulanz und der Einheit Klinische Psychologie und Psychotherapie der Philipps-Universität Marburg 
  • Prof. Andrea Evers, Institute of Psychology, Leiden University, Niederlande
  • Ben Colagiuri Professor for Psychology in the School of Psychology at the University of Sydney, Australien

 

Standortübergreifender Mini-Project-Grant des SFB/TRR 289 für Jana Aulenkamp und Johannes Wessels

Standortübergreifender Mini-Project-Grant des SFB/TRR 289 für Jana Aulenkamp und Johannes Wessels

Positive Beeinflussung des perioperativen Wohlbefindens von Patienten durch die präoperative Verabreichung von Open-Label-Placebos

Im dem bewilligten klinischen Projekt wird das perioperative Wohlbefinden von Patienten vor einer anstehenden Operation durch eine offene Placebogabe positiv beeinflusst werden. Zusätzlich wird untersucht ob diese Effekte durch Beobachtungslernen verstärkt werden können. Als Zielparameter werden Effekte auf Angst und das Wohlbefinden sowie das postoperative Erleben, insbesondere postoperative Schmerzen und deren Auswirkungen, analysiert. Diese prospektive, randomisiert, kontrollierte Studie wird bi-zentrisch bei Patientinnen mit geplanter Laparoskopie in den Universitätskliniken Essen und Hamburg durchgeführt.

Herzlichen Glückwunsch an Jana Aulenkamp und Johannes Wessels für dieses tolle Projekt und viel Erfolg für die Durchführung!

Virtuelle Webinar Serie „Treatment Expectation“ zum Nachsehen auf YouTube verfügbar

Virtuelle Webinar Serie „Treatment Expectation“ zum Nachsehen auf YouTube verfügbar

Im Rahmen des SFB/TRR 289 bieten wir eine virtuelle Webinar-Reihe mit wissenschaftlichen Vorträgen von international anerkannten ForscherInnen an.

Viele der vergangenen Vorträge sind jetzt auf unserem YouTube Kanal zu finden!

Alle Vorträge werden online gehalten und die Teilnahme ist kostenlos. Die Vorträge richten sich an ein wissenschaftliches Publikum und werden in englischer Sprache gehalten. Wenn Sie einzelne Webinare oder das gesamte Programm besuchen möchten, melden Sie sich bitte unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. an. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns ein paar Worte über Ihren wissenschaftlichen Hintergrund schreiben könnten und warum Sie die Webinare besuchen möchten.

Wenn Sie Fragen oder Wünsche haben, senden Sie uns bitte eine E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder rufen Sie uns an unter +49 201 723-5203 (Detlef Pucher).

Der SFB/TRR 289 ist jetzt auf Facebook und Instagram

Der SFB/TRR 289 ist jetzt auf Facebook und Instagram

Facebook und Instagram

Virtuelle Event-Serie „Equity and Female Opportunities in Academia“ 2023 mit dem SFB/TRR 296 "LOCOTACT"

Virtuelle Event-Serie „Equity and Female Opportunities in Academia“ 2023 mit dem SFB/TRR 296 "LOCOTACT"

Als Sprecherinnen der Sonderforschungsbereiche 289 und 296 liegt es uns besonders am Herzen, neben der exzellenten Ausbildung in der Grundlagen- und der translationalen Forschung, in unseren Mitgliedern auch aktiv ein Bewusstsein für die wichtigen Themen Chancengleichheit und Unterstützung von Frauen in der Wissenschaft zu schaffen.

Unter diesem Gesichtspunkt freuen wir uns, im Jahre 2023 erstmalig eine gemeinsame Workshop- und Vortragsreihe „Equity and Female Opportunities in Academia” anzubieten mit Themen, die alle Geschlechter angehen.

Wir bieten allen Mitgliedern von Treatment Expectation und LOCOTACT die Möglichkeit, tiefer in verschiedene Schwerpunktthematiken einzusteigen und Einzelcoachings wahrzunehmen. Es werden relevante Themen wie Vorurteilsbildung bei Einstellungsverfahren, wertschätzende Kommunikation, Sichtbarkeit weiblicher Wissenschaftler, sowie Gleichstellungsaspekte in Politik, Management und Personalauswahl beleuchtet.

Wir laden Sie deshalb herzlich ein, an unserer Online-Veranstaltungsreihe teilzunehmen.

Mehr Informationen zu den Vorträgen/Workshops und der Registrierung finden sich auf dem Flyer. Mehr Informationen zum ersten Workshop "Are you hiring the best people? Limiting unconscious bias by structuring employee selection" ist hier herunterzuladen.

Event Locotact

Forschungstag 2022 der Universitätsmedizin Essen

Forschungstag 2022 der Universitätsmedizin Essen

Forschungstag 2022

Bewerbungen für die ECR Summer School 2023 nun möglich

Bewerbungen für die ECR Summer School 2023 nun möglich

SIPS ECR Summer School

Merkblatt zu Erwartungseffekten in der Schmerzmedizin – jetzt in 7 Sprachen!

Merkblatt zu Erwartungseffekten in der Schmerzmedizin – jetzt in 7 Sprachen!

IASP

‍Alle relevanten Informationen im Überblick bietet dieses Factsheet über Placebo- und Noceboeffekte und die Bedeutung der ÄrztIn-PatientIn-Beziehung, welches nun bereits in 7 Sprachen verfügbar ist!

Verständliche Erklärungen, konkrete Tipps und Strategien für medizinisches Personal, um die Erwartungen von PatientInnen positiv zu beeinflussen und ein Ausblick in die zukünftige Forschung. Wie sollte in der klinischen Praxis die Macht der Erwartung systematisch genutzt werden?

Das Factsheet können Sie hier herunterladen (english version).

Weitere Informationen zur Global-Year-Kampagne finden Sie hier.

Rückenschmerzen – neue Patientenveranstaltung am 21. Juli 2022

Rückenschmerzen – neue Patientenveranstaltung am 21. Juli 2022

In diesem Monat werden wir uns im Patientenforum Neurologie mit dem Thema chronische RÜCKENSCHMERZEN beschäftigen. Prof. Dr. Ulrike Bingel, Leiterin universitäre Schmerzmedizin, und ihr Expertenteam laden dazu am 21. Juli ab 17.30 Uhr ein.

Diesmal können sich Patienten, Angehörige und Interessierte unter anderem über Themen wie „Das Kreuz mit dem Kreuz – Volkskrankheit chronische Rückenschmerzen“, „Warum Bewegung so wichtig ist und es keine falsche Bewegung gibt beim chronischen Rückenschmerz“ sowie über „Das Zusammenspiel von Schmerz und Psyche“  informieren.

Selbstverständlich wird es auch diesmal ausreichend Zeit für Fragen geben.

Den Link zur Anmeldung Azum Zoom-Meeting finden Sie hier oder schicken Sie eine E-Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

 

Unser neuer Erklärfilm: Wie beeinflussen Erwartungen meine Gesundheit?

Unser neuer Erklärfilm: Wie beeinflussen Erwartungen meine Gesundheit?

Herr Schmidt leidet seit längerem unter quälenden Rückenschmerzen und hat nach einigen Therapieversuchen die Hoffnung auf Linderung beinahe aufgegeben. Da berichtet seine Nachbarin von einer neuen Ärztin und einem sehr guten Therapieangebot. Das habe ihrem Mann wunderbar geholfen. Herr Schmidt schöpft Hoffnung.

Und tatsächlich hilft auch ihm die Behandlung. Aber der Erfolg basiert nicht nur auf der professionellen individuellen Behandlung, sondern auch auf der positiven Erwartungshaltung von Herrn Schmidt. Er glaubte schlicht daran, dass ihm doch noch geholfen werden könne.

Doch wie kann solch eine positive Erwartung den Therapieerfolg fördern? Was passiert dabei in Gehirn und Körper? Das erklärt unser neuer Film des Sonderforschungsbereichs SFB/TRR289 – verständlich und kompetent. Diesen Fil können Sie auch auf YouTube schauen.

 

SFB/TRR 289 auf dem Selbsthilfetag in Essen

SFB/TRR 289 auf dem Selbsthilfetag in Essen

Am Samstag den 21. Mai findet von 10 bis 16 Uhr der 2. Selbsthilfetag im Universitätsklinikum Essen, im Lehr- und Lernzentrum an der Virchowstraße 163a, 45147 Essen statt.

Prof. Ulrike Bingel informiert hier mit einem Vortrag zum Thema: "Placebo- und Nocebo-Effekt: Wie die eigene Erwartung die Behandlung beeinflusst".
Zusätzlich erwarten Sie ein persönlicher Austausch sowie Mitmachaktionen an unserem SFB/TRR 289-Stand 

Jede/r ist hier herzlich willkommen! Bei Interesse melden Sie sich bitte an unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder 0201 723 8188.

Das vollständige Programm ist hier einsehbar.

Neue Publikation: Auch wenn man weiß, dass es ein Placebo ist, fühlt man weniger Trauer: Erste Ergebnisse einer experimentellen Open-Label Placebo Studie

Neue Publikation: Auch wenn man weiß, dass es ein Placebo ist, fühlt man weniger Trauer: Erste Ergebnisse einer experimentellen Open-Label Placebo Studie

Eine an der SFB/TRR 289 Forschergruppen untersuchte die Wirkung von Placebos bei Trauer.

Das Ergebnis der Studie wurde am 1. Mai 2022 im Journal of Affective Disorders unter dem Titel "Even when you know it is a placebo, you experience less sadness: First evidence from an experimental open-label placebo investigation" veröffentlicht.

Sie können die vollständige Veröffentlichung auf ScienceDirect lesen.

Noceboeffekt erschwert Absetzen von Antidepressiva

Noceboeffekt erschwert Absetzen von Antidepressiva

Zwischen acht und zehn Prozent der deutschen Bevölkerung nehmen Antidepressiva ein – das sind etwa 4,5 Millionen Dosen an jedem Tag. Die meisten PatientInnen könnten das Medikament nach etwa einem Jahr wieder absetzen, doch das Absetzen gelingt oft nicht. Dabei läge die Kostenersparnis bei etwa 250 Millionen Euro jährlich. Belastende Absetzphänomene und der Noceboeffekt führen dazu, dass Antidepressiva teilweise viel länger als nötig eingenommen werden. Mehr als jede dritte Person, die Antidepressiva über lange Zeit einnimmt, bräuchte diese eigentlich nicht mehr. Hinzu kommen unerwünschte Nebenwirkungen durch die nicht mehr indizierte Einnahme, die die PatientInnen ebenso wie das Gesundheitssystem belasten. Studienergebnisse von Prof. Yvonne Nestoriuc an der Helmut-Schmidt-Universität und dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf legen nahe, dass bessere Informationen, ein intensives Aufklären und das Wecken positiver Erwartungen den unheilvollen Kreislauf aus „Einmal Antidepressivum, immer Antidepressivum“ durchbrechen können. Ihre Forderung: „Klarere Informationen für PatientInnen und eine bessere Kommunikation zwischen ÄrztInnen und PatientInnen.“

Antidepressiva sind nur in seltenen Fällen als lebenslange Therapie sinnvoll, denn mit der Langzeittherapie gehen auch unerwünschte Nebenwirkungen einher. Dazu zählen Gewichtszunahmen, sexuelle Probleme und ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen. Die medizinische Empfehlung ist deshalb: Nach einer kurzen Aufdosierungsphase bis hin zur empfohlenen individuellen Standarddosis entfalten Antidepressiva nach etwa vier Wochen ihre volle Wirksamkeit. Tritt unter Einnahme des Antidepressivums eine Verbesserung der depressiven Symptome auf, sollte das Antidepressivum noch vier bis neun weitere Monate eingenommen werden, bei mehrfachen depressiven Episoden weitere zwei Jahre. Herrscht dann immer noch weitgehende Symptomfreiheit, sollte ein Absetzversuch erfolgen. Aber hier liegt das Problem: Schwindel, Schlaflosigkeit, Schwäche, Reizbarkeit, Übelkeit, Schmerzen – diese und weitere Symptome können auftreten, wenn PatientInnen nach Besserung der Depression versuchen, ihr Antidepressivum wieder abzusetzen. Diese Absetzphänomene können bei fast allen Antidepressiva auftreten. Betroffene PatientInnen erleben möglicherweise Schlaflosigkeit, ihnen ist schwindelig, oder sie sind sehr reizbar. All das sind aber auch charakteristische Symptome einer beginnenden Depression. So entsteht schnell die Angst vor einem Rückfall in die Depression, weshalb PatientInnen den Absetzversuch oftmals abbrechen. Selbst betreuende ÄrztInnen können oft nur schwer zwischen Rückfall und Absetzproblematik unterscheiden. So entsteht für PatientInnen ein Kreislauf aus negativen Erwartungen, die wiederum negative Beschwerden hervorrufen – bedingt durch den Noceboeffekt (lateinisch: „Ich werde schaden“). Untersuchungen zeigen, dass der Noceboeffekt Prozesse im zentralen Nervensystem anstößt, die zu körperlichen Veränderungen führen können. Er wirkt wie eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, die Angst vor einem möglichen Rückfall in die Depression verstärkt die Selbstbeobachtung, und die normalerweise rasch vorübergehenden Beschwerden beim Absetzen werden als Rückfall missverstanden. Hinzu kommt: In einschlägigen Absetzforen im Internet und auf Infoseiten werden oft nur negative Symptome und besonders gravierende Fälle beschrieben. „Das fördert den Noceboeffekt weiter“, warnt Yvonne Nestoriuc, Professorin für Klinische Psychologie an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. „Es ist ein Missstand, dass viele PatientInnen ihr Antidepressivum viel zu lange einnehmen.“ Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Treatment Expectation“ erforscht sie die Ursachen der misslungenen Absetzversuche. „Pharmakologisch sind sehr viele PatientInnen beim Absetzversuch von Beschwerden betroffen. Wie groß der Noceboeffekt dabei genau ist, wollen wir mit unserer aktuellen Absetzstudie herausfinden“, erklärt Nestoriuc. „Ohne therapeutische Begleitung missdeuten PatientInnen die Absetzsymptome häufig“, deshalb sei verstärkte Aufklärung und vor allem eine Begleitung durch PsychiaterInnen, HausärztInnen und andere FachärztInnen, die Antidepressiva verschreiben, vonnöten.
Studienergebnisse von Prof. Nestoriuc mit PatientInnen, die Antidepressiva einnehmen, legen nahe, dass bessere Informationen, ein intensives Aufklären und das Wecken positiver Erwartungen den unheilvollen Kreislauf aus „Einmal Antidepressivum, immer Antidepressivum“ durchbrechen können. Immerhin 30 bis 40 Prozent der Personen, die Antidepressiva über lange Zeit einnehmen, bräuchten diese nicht mehr. Dies würde bei Jahresgesamtkosten der Antidepressiva von 640 Millionen Euro zwischen 190 und 250 Millionen Euro jährlich sparen.
Yvonne Nestoriuc plädiert für erweiterte Behandlungsleitlinien, in denen – wie in England – festgelegt ist, dass verschreibende ÄrztInnen ihre PatientInnen darüber aufklären, dass eine Absetzproblematik auftreten und auch länger andauern kann. „Wir möchten mit unserer Forschung dazu beitragen, die Informations- und Versorgungslücke für Personen mit Absetzwunsch zu schließen“, sagt Prof. Nestoriuc. „Dazu braucht es neben der sorgfältigen Aufklärung und ärztlichen Begleitung unterstützende psychotherapeutische Elemente, die helfen, Erwartungen zu optimieren und dem Nocebo-Effekt vorzubeugen.“

In einer aktuellen Absetzstudie bieten Prof. Nestoriuc und Prof. Tilo Kircher, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Marburg, interessierten PatientInnen die Möglichkeit, ihr Antidepressivum in ärztlicher und psychologischer Begleitung abzusetzen. Das Studienteam freut sich, PatientInnen aus dem Großraum Hamburg sowie Marburg ein Absetzangebot machen zu können, und steht für Kontaktanfragen zur Verfügung (www.phea-studie.de).

Ist Long Covid auch ein Noceboeffekt?

Ist Long Covid auch ein Noceboeffekt?

Müdigkeit, Atembeschwerden, Konzentrationsprobleme. Geschätzt leiden zwischen 10 und 15 % der PatientInnen nach einer Covid-19 Infektion noch Wochen bis Monate unter dem sogenannten Long Covid-Syndrom. Eine Studie französischer WissenschaftlerInnen belegte im November 2021 allerdings, dass nahezu ebenso viele Betroffene unter denselben Symptomen litten, auch wenn sie nur glaubten, mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen zu sein, obwohl dem nicht so war. Wie lassen sich die Beschwerden der Betroffenen also erklären?

Nicht nur positive, auch negative Erwartungen können das Auftreten und den Verlauf von Krankheitssymptomen beeinflussen. Man spricht dann von einem Noceboeffekt (lateinisch: „Ich werde schaden“). Viele Forschungsergebnisse weisen seit langem darauf hin, dass während des Noceboeffektes im zentralen Nervensystem Prozesse angestoßen werden, die zu körperlichen Veränderungen und Beschwerden wie Schmerzen führen können. „Es handelt es sich um ein Zusammenspiel von direkten biochemischen Effekten und psychischen Effekten», bestätigt Winfried Rief, Professor für Psychologie und Psychotherapie der Universität Marburg und Vorstandsmitglied des DFG Sonderforschungsbereichs 289 „Treatment Expectation“.
Dass dies auch bei Long Covid-Symptomen eine Rolle spielen könnte, belegt eine neue Studie aus Frankreich, die Ende 2021 im renommierten Journal der American Medical Association JAMA publiziert wurde. Das Forschungsteam um den Pariser Psychiater Cedric Lemogne testete knapp 27.000 Personen zwischen Mai und September 2020 auf Anti-SARS-CoV-2-Antikörper. Bei etwa 1.000 Teilnehmenden konnten Antikörper (AK) als Hinweis auf eine vorangegangene Infektion nachgewiesen werden, wobei 453 auch sicher waren, mit dem Coronavirus infiziert gewesen zu sein, 638 dagegen glaubten dies nicht. Spannend waren nun insbesondere diejenigen der 25.000 Studienteilnehmenden, deren AK-Test negativ ausfiel, die also kein COVID hatten, aber überzeugt waren, eine Infektion durchlebt zu haben. Anschließend erfasste das Forschungsteam bei allen Teilnehmenden Long Covid-Symptome, die mindestens über einen Zeitraum von acht Wochen spürbar waren. Betroffene berichteten über andauernde Müdigkeit, Schwindel, Atembeschwerden, Konzentrationsdefizite oder Muskel- und Gelenkschmerzen. Allerdings signifikant häufiger diejenigen, die glaubten sie hätten die Infektion überstanden, und zwar unabhängig davon, ob sie wirklich infiziert waren oder nicht. Die Ergebnisse: Der Glaube, die Infektion durchlebt zu haben, führte in beiden Gruppen – unabhängig, ob eine Infektion tatsächlich über den AK-Test nachgewiesen werden konnte – zu einem vierfach häufigeren Auftreten des Symptoms Müdigkeit (zwischen 10,6 und 13,8 %). Dagegen spürten nur 3,5 % Müdigkeit, wenn sie tatsächlich infiziert gewesen, allerdings persönlich überzeugt waren, sie hätten gar kein Corona gehabt. Ganz ähnlich sehen die Verteilungen bei den Symptomen Atembeschwerden und Konzentrationsprobleme aus.
Das Fazit: Wer glaubt, er hatte Corona, entwickelt häufiger typische Long Covid-Symptome, unabhängig von der tatsächlichen Infektion.
„Die negative Erwartung beeinflusst offensichtlich die Entwicklung von Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerz und andere“, erklärt Prof. Winfried Rief, „erfahren Patienten zum Beispiel über die Medien oder Freunde, dass schwerwiegende Nebenwirkungen nach einer Covid-Infektion auftreten können, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich Beschwerden zu entwickeln“.

In den Projekten des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichs (SFB 289) „Treatment Expectation“ werden die Mechanismen intensiv untersucht, wie sich Erwartung auf das psychische Befinden und körperliche Symptome auswirkt, um gezielte und personalisierte Strategien zur Prävention zu entwickeln. „Die aktuelle Studie demonstriert, dass die Erwartung auch bei dem Long Covid-Syndrom eine wichtige Rolle spielt. “, erklärt Ulrike Bingel, Professorin für Klinische Neurowissenschaften an der Universitätsmedizin Essen und Sprecherin des SFB 289.

Die vollständige Publikation können Sie auf der Webseite von JAMA lesen oder hier als PDF

Starker Noceboeffekt nach Corona-Impfung

Starker Noceboeffekt nach Corona-Impfung

Für rund dreiviertel aller berichteten Nebenwirkung nach der ersten Impfung gegen Covid-19 dürfte der sogenannte Noceboeffekt verantwortlich sein. Das ist das Ergebnis einer aktuellen internationalen Meta-Studie (Haas et al., 2022). Die Ergebnisse könnten Einfluss nehmen auf die Vorbehalte gegen die Impfung, die bei einem Teil der Bevölkerung herrschen – und sie reduzieren.

„Dies ist der Beleg, dass die Erwartung der frisch Geimpften, Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Müdigkeit zu spüren, zu einem starken Auftreten eben dieser Nebenwirkungen führt“, erklärt Ulrike Bingel, Professorin für Klinische Neurowissenschaften an der Universitätsmedizin Essen und Sprecherin des Sonderforschungsbereichs 289 Treatment Expectation. Dieser Noceboeffekt (Lat.: „Ich werde schaden“) ist kein neues Phänomen, sondern vielfach in unterschiedlichen medizinischen Studien nachgewiesen: Das Wissen um mögliche Beschwerden, die auftreten können, führt dazu, dass wir genau diese Symptome auch bei uns wahrnehmen. „Dieser Effekt ist im Zusammenhang mit Corona-Impfungen besonders unglücklich, weil er Ängste und Bedenken gegenüber der Impfung fördert“, warnt auch Rief, Prof. für klinische Psychologie der Universität Marburg, der an der Studie beteiligt war und schon lange die Ursachen des Noceboeffekts erforscht. Seine Hoffnung: „Wenn wir diese Noceboreaktionen nachweisen und erklären, hoffen wir die Sorgen vieler rund um die Impfung zu zerstreuen, weil Angst vor Nebenwirkungen häufig als Grund angegeben wird, die Impfung zu vermeiden.“

Die aktuelle Studie um die Psychologin Julia Haas, die nach der Promotion in Marburg zum Beth Israel Deaconess Medical Center der Harvard Medical School in Boston wechselte, analysierte zwölf große Corona-Impfstudien aus verschiedenen Ländern, wie den USA, Australien, China, Brasilien, Südafrika, Großbritannien und Belgien. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse der Metaanalyse im renommierten „JAMA Network Open“. 22578 Studienteilnehmer erhielten eine Placebo-Impfung ohne eine wirksame Substanz, 22802 wurden mit unterschiedlichen Impfstoffen geimpft. Der Vergleich der Häufigkeiten von berichteten Nebenwirkungen kam zu einem verblüffenden Ergebnis:
Nach der ersten Impfung berichteten 35,2 % der Placebo-TeilnehmerInnen vor allem über Kopfschmerzen und Müdigkeit, in der Impf-Gruppe waren es 46,3 %. Daraus ergibt sich, dass statistisch auch in der Impf-Gruppe 76 % der Nebenwirkungen auf dem Placeboeffekt beruhen. Nach der zweiten Impfung reduziert sich der Effekt. Nur noch etwa die Hälfte der berichteten Symptome wie Kopfschmerzen und Müdigkeit sind assoziiert mit dem negativen Erwartungseffekt. Die Erklärung der ForscherInnen: Nach der zweiten Impfung erwarten Geimpfte vermehrt Nebenwirkungen und spüren sie auch, weil die Immunreaktion heftiger verläuft. Professor Winfried Rief fordert deshalb eine spezifischere Aufklärung der Bevölkerung über den Noceboeffekt, um die Ängste abzubauen.

Referenz:
Haas, J. W., Bender, F. L., Ballou, S., Kelley, J. M., Wilhelm, M., Miller, F. G., . . . Kaptchuk, T. J. (2022). Frequency of Adverse Events in the Placebo Arms of COVID-19 Vaccine Trials: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Netw Open, 5(1), e2143955. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2021.43955

Die vollständige Publikation können Sie über den oben stehenden Link oder auf unserer Webseite als PDF hier einsehen.

Hilft mir das auch?

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Highly Cited Researcher

Highly Cited Researcher

Prof. Winfried Rief (Projekt A16) zählt laut jüngster Erhebung von Clarivate international zum Kreis der „Highly Cited Researchers“, also der Wissenschaftler, deren Arbeiten besonders häufig zitiert werden.

Wir gratulieren herzlich und freuen uns, diese Kompetenz in unserem Forschungsverbund nutzen zu dürfen.

Die Presseerklärung seiner Heimat-Universität können Sie hier lesen.

Weitere Informationen zur gesamten Erhebung sind über diesen Link verfügbar.

Impfangst überwinden

Impfangst überwinden

3 teilige Videoserie von Prof. Winfried Rief, Klinische Psychologie und Psychotherapie, Leiter der Psychotherapie-Ambulanz der Universität Marburg – jeweils zwischen 14 und 22 Minuten. Sie basieren auf einem Vortrag, den Prof. Rief bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes am 11.8.2021 gehalten hat.

Der nachfolgende Teil 1 beschäftigt sich mit den Fakten der derzeitigen Impfsituation.

Im folgenden Teil 2 erfahren Sie mehr über Gründe für Impfskepsis, Impfangst oder Impfverweigerung und warum sie in bestimmten Bevölkerungsgruppen stärker zu finden ist.


In Teil 3 legt Prof. Rief die Konsequenzen dar und beschreibt Möglichkeiten wie man Menschen mit Impfskepsis entgegentritt oder welche Maßnahmen sinnvoll sind.

New Publication: Impact of a 12-week open-label placebo treatment on headache days in episodic and chronic migraine

New Publication: Impact of a 12-week open-label placebo treatment on headache days in episodic and chronic migraine

Members of the SFB/TRR 289 have published a research paper about the Impact of a 12-week open-label placebo treatment on headache days in episodic and chronic migraine. The first authors Dr. Katharina Schmidt and Dr. Julian Kleine-Borgmann belong to the project team of Prof. Ulrike Bingel in Essen.

The publication can be downloaded here or read directly on the BMJ Open site.

SIPS Best Poster - Third Place

SIPS Best Poster - Third Place

Effects of open-label placebo on pain and functional disability in patients with chronic back pain: A 3-year follow-up study

Lecture by Prof. Ulrike Bingel, IASP 2021 VIRTUAL WORLD CONGRESS ON PAIN, June 16th at 10:30 a.m.

Lecture by Prof. Ulrike Bingel, IASP 2021 VIRTUAL WORLD CONGRESS ON PAIN, June 16th at 10:30 a.m.

How Do Expectations Influence Treatment Outcome?

Patients’ expectations are important modulators of pain and analgesic treatment outcomes. As best illustrated in experimental and clinical placebo studies, an individual’s expectation can substantially shape the perception and neural processing of acute and chronic pain. Treatment expectation is not only the key determinant of placebo analgesia, but is also increasingly recognized to modulate the efficacy and tolerability of pharmacological and non-pharmacological treatments for pain and other acute and chronic conditions.
Recent insights into the psychological and neurobiological mechanisms underlying the clinically relevant effects of treatment expectations call for their systematic integration and utilization into standard treatment regiments. Such strategy promises to optimize analgesic treatment outcomes and to prevent or reduce the burden of unwanted side effects and misuse of analgesics, particularly of opioids. In this lecture Prof. Ulrike Bingel highlights current concepts, recent achievements but also challenges and key open research questions that need be addressed to improve (analgesic) treatment outcomes in a personalized manner and to use our knowledge to inform the designing and outcome interpretation of clinical trials.

Learning objective 1 :
be aware of the impact of expectation on (analgesic) treatment outcomes.

Learning objective 2 :
define key psychological and neurobiological mechanisms underlyind expectation effects.

Learning objective 3 :
outline implications for clinical routine and clinical trials as well as key-open questions and challenges.

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If you are interested in the above exciting topic, watch the full lecture of Prof. Ulrike Bingel on June 16th at 10:30 a.m. EST at IASP 2021 VIRTUAL WORLD CONGRESS ON PAIN.

The full program of the event can be viewed here.

To view the above lecture or the full program, you must register here.

 

 

New Publication: Informing About the Nocebo Effect Affects Patients’ Need for Information About Antidepressants - An Experimental Online Study

New Publication: Informing About the Nocebo Effect Affects Patients’ Need for Information About Antidepressants - An Experimental Online Study

Prof. Yvonne Nestoriuc, one Leader of the project A15, has published a new paper about the hypothesis, that understanding patients's informational needs and adapting drug-related information are the prerequisites for a contextualized informed consent. Current information practices might rather harm by inducing nocebo effects.

You can read the complete publication on frontiers in Psychiatry or download it here.

Member of the SFB wins first place in the lecture series "Clinical Studies and Health Services Research"

Member of the SFB wins first place in the lecture series "Clinical Studies and Health Services Research"

The formation and fulfillment of expectations play an important role in positive subjective treatment outcomes. Julia Stuhlreyer (Project Regine Klinger, A13) discovered that patients receiving a combination of a digital health app and patient-oriented physician visits postoperatively were more likely to rate their treatment as successful, based on their stated preoperative treatment expectations. This also leads to significant reduced postoperative pain and opioid consumption.

More information about DGAI is available here.

New Publication: Fear of Adverse Effects and COVID-19 Vaccine Hesitancy: Recommendations of the Treatment Expectation Expert Group

New Publication: Fear of Adverse Effects and COVID-19 Vaccine Hesitancy: Recommendations of the Treatment Expectation Expert Group

Prof. Winfried Rief has studied the fear towards Covid-19 vaccinations and the influence of our society.

The full result of his reflections on this topic can be downloaded here or read directly on the JAMA website.

Mehr Zeit für Forschung, schnellerer Wissenstransfer, bessere Karrierechancen

Mehr Zeit für Forschung, schnellerer Wissenstransfer, bessere Karrierechancen

Ein herausragender Erfolg: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert beide beantragten Programme zur Qualifizierung exzellenter junge forschender Fachärztinnen und -ärzte an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Mindestens 20 Advanced Clinial Scientists erhalten in Essen und Hamburg mehr Unterstützung bei der Vereinbarkeit ihrer Forschung und ihrer klinischen Tätigkeit. Mit diesem innovativen Konzept ist gesichert, dass Teilnehmende zu 50 Prozent von ihrer klinischen Tätigkeit freigestellt sind, um sich auf die wissenschaftliche Arbeit zu fokussieren. Das fördert nicht nur die Forschung, sondern auch die Karriereperspektiven.
Ein besonderes Highlight: Es besteht die Möglichkeit, eine eigene unabhängige Forschungsgruppe zu gründen inklusive eines begleitenden Qualifizierungsprogramms und eines gezielten Mentorings. Mindestens die Hälfe der Stellen sind exzellenten Wissenschaftlerinnen vorbehalten.

In Hamburg erhält das Programm „iSTAR – integrative Advanced Clinician Scientists Targeting Inflammatory and Infectious Disease" des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf im Bereich entzündliche Erkrankungen und Infektionskrankheiten die Unterstützung. So werden Forschungsinnovationen und neue Karrierewege geschaffen.

In Essen wird das Programm „Promoting Excellence in Translational Medicine" an der Advanced Clinician Scientist Academy (UMEA²) unterstützt, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung schneller in die klinische Anwendung zu bringen – das gilt für die Schnittstellen Gehirn und Herz, Onkologie und Immunologie sowie Transplantation, Immunologie und Infektiologie.
Das Ziel: Die passgenaue Behandlung zu verbessern.

Antragstellerin an der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und Leiterin des Essener Programms ist Prof. Dr. Ulrike Bingel, Sprecherin des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereiches SFB/TRR 289 und Leiterin des Zentrums für universitäre Schmerzmedizin am Universitätsklinikum Essen.

Die Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung kann hier eingesehen werden.

Special Open Science Discussion with Tom Beckers, May 21st at 10 a.m.

Special Open Science Discussion with Tom Beckers, May 21st at 10 a.m.

This virtual lecture incorporates a discussion on improving research transparency and robustness by exploring the necessity of preregistrations and registered reports.

New Publication: Meta-analysis of neural systems underlying placebo analgesia from individual participant fMRI data

New Publication: Meta-analysis of neural systems underlying placebo analgesia from individual participant fMRI data

New study gives the most detailed look yet at the neuroscience of placebo effects, which was published by Prof. Ulrike Bingel and Dr. Tamas Spisak from our project Z03.

Neu entdeckt: Kleinhirn spielt eine wichtige Rolle beim schmerzlindernden Placebo-Effekt

Neu entdeckt: Kleinhirn spielt eine wichtige Rolle beim schmerzlindernden Placebo-Effekt

Ein Wissenschaftlerteam der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen hat zusammen mit Kooperationspartnern des Dartmouth College in New Hampshire (USA) in der größten Metaanalyse von bildgebenden Befunden zentrale Hirnregionen der Placeboanalgesie entschlüsselt. Hierüber berichtet jetzt das renommierte Fachmagazin Nature Communications.

In dem internationalen Verbundprojekt analysierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Ulrike Bingel (Klinik für Neurologie, Universitätsklinik Essen) und Prof. Tor Wager (Cognitive and Affective Neuroscience Laboratory, Hanover, USA) die fMRT Bilder von 603 Versuchsteilnehmenden aus insgesamt 20 verschiedenen Studien. Dass Placebo-Effekte Schmerzen lindern und die Wirksamkeit von Schmerzmitteln erhöhen, ist vielfach bestätigt, nur welche neuronalen Mechanismen zugrunde liegen, blieb trotz intensiver Forschungsbemühungen in verschiedenen zentralen Aspekten bislang ungeklärt. „Wir konnten nachweisen, dass der Placebo-Effekt nicht allein auf eine Unterdrückung von Schmerzimpulsen zurückzuführen ist, sondern durch neuronale Netzwerke der kognitiven und emotionalen Schmerzverarbeitung verstärkt werden muss“, erklärt Prof. Ulrike Bingel, Sprecherin des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereiches zum Einfluss von Erwartung auf die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen. Aktivitäten der Informations-Netzwerke im Thalamus, den Habenula-Kernen und dem anterioren cingulären Cortex untermauern: Lernprozesse, Angstregulierung, Aufmerksamkeitsteuerung, Handlungsplanung, Entscheidungsfindung und Bewertung von Schmerz sind beim Placebo-Effekt involviert.

In der aktuellen Analyse wurden auch erstmals neue Hirnstrukturen identifiziert, die zur Placeboanalgesie beitragen. Es zeigte sich, dass das Kleinhirn, vor allem mit Koordination und Bewegungsabläufen in Verbindung gebracht, eine größere Rolle als je vermutet spielen könnte. Das Kleinhirn steuert unbewusstes planerisches Handeln und erfüllt auch wichtige Funktionen bei höheren kognitiven Prozessen wie z. B. der Entscheidungsfindung. Das kann die Erwartungshaltung von Patienten gegenüber einer Therapie beeinflussen. Dass das Kleinhirn überhaupt Anteil am Placebo-Effekt hat, ist ein neuer Befund für Neurowissenschaftler.

Weitere Datenanalysen im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Treatment Expectation“ sollen einen noch spezifischeren Aufschluss über die beim Placebo-Effekt aktivierten neuronalen Netzwerke bringen. „Unser Ziel ist, in Zukunft den Einfluss der Behandlungserwartung von Patienten nutzen zu können, um die Therapie unter Berücksichtigung aller interindividuellen Unterschiede zu optimieren“ betont Prof. Ulrike Bingel.

Diese Metaanalyse zeigt auch, dass funktionelle bildgebende Verfahren des Gehirns genutzt werden können, um im Rahmen klinischer Studien die Placebo-Effekte von den Wirkungen pharmakologischer Substanzen klar zu trennen.

Die vollständige Veröffentlichung kann hier im PDF-Format heruntergeladen oder direkt auf der Webseite von nature communications gelesen werden.

Referenz:
Zunhammer M, Spisak T, Wager T, Bingel, U. Meta-analysis of neural systems underlying placebo analgesia from individual participant fMRI data, Nature Communications (2021), doi 10.1038/s41467-021-21179-3

DGPPN Kongress 2020 - Online-Vorträge

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Der DGPPN Kongress 2020 fand dieses Mal nur online statt. Der SFB 289 war mit drei interessanten Beiträgen dabei. Sie haben die Möglichkeit, diese Beiträge nun online zu sehen.

New Publication: The temporal and spectral characteristics of expectations and prediction errors in pain and thermoception

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eLive has published a research paper about the temporal and spectral characteristics of expectations and prediction errors in pain and thermoception. The first author Andreas Strube works as a PhD Student closely with the project leaders Prof. Christian Büchel and Prof. Michael Rose from the SFB/TRR 289.

The publication can be downloaded here or read directly on the eLife site.

New Publication: Effects of open-label placebos on test performance and psychological well-being in healthy medical students: a randomized controlled trial

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Scientific Reports has recently published our research about the impact of Open-Label Placebos on test performance and well-being in acutely stressed students. Dr. Julian Kleine-Borgmann is corresponding author and happy to answer comments!

Placebo 2.0: Die Macht der Erwartung in der Schmerzmedizin nutzen. Ein Vortrag auf dem DGN-Kongress 2020

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17 % der Deutschen - 12 Millionen Menschen - leiden an chronischen langanhaltenden Schmerzen. In ihrem Vortrag auf dem DGN-Kongress 2020 erklärt Prof. Ulrike Bingel, Leiterin des Rückenschmerzzentrums an der Uniklinik Essen, wie passgenaue Medikamente helfen, und welche Rolle psychologische und physiotherapeutische Aspekte spielen.

Sonderforschungsbereich „Treatment Expectation“ erhält Förderung

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Der SFB/TRR 289 erhält eine der hart umkämpften Förderungen durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).